818 Streitgenossenschaft — Streitobjekt.
Streitgenossenschaft (v. Bar, Th. I. Suppl. S. 38). Ueber den Begriff der
S. oder des litis consortium ist schon unter dem Art. Klagehäufung gehandelt
worden. Die Wirkungen dieses Verhältnisses waren nach Gem. Priv.R., abgesehen
von der gemeinsamen prozessualischen Verhandlung der Ansprüche, die, daß die Litis-
konsorten einen gemeinschaftlichen Bevollmächtigten bestellen konnten, dazu aber ver-
pflichtet waren, wenn mehrere Erben an Stelle des Beklagten eintraten und der
Kläger dies beantragte oder der Richter von Amtswegen die Bestellung eines ge-
meinsamen Insinuationsmandatars verlangte. Ferner durfte nach der Einlassung
auf die Klage ein Litiskonsorte die anderen ohne Vollmacht, aber gegen Kautions-
bestellung, vertreten. Endlich kam die von einem derselben geltend gemachte Be-
rufung auch den übrigen unter der Voraussetzung zu Statten, daß von dem Appel-
lanten nicht etwa ein ihn besonders betreffender Appellationsgrund geltend gemacht
wurde. Die Deutsche CPO. hat sich im Wesentlichen an das frühere Recht an-
geschlossen. Sie spricht das Prinzip aus, daß die Streitgenossen dem Gegner der-
gestalt als Einzelne gegenüberstehen, daß die Handlungen des einen Streitgenossen
dem anderen weder zum Vortheile, noch zum Schaden gereichen. Jeder Streitgenosse
hat daher auch das Recht, allein den Prozeß zu betreiben, muß jedoch, wenn er den
Gegner zu einem Termin ladet, auch die übrigen Streitgenossen laden. Eine ma-
terielle Ausnahme tritt aber von dieser Regel insofern ein, als in dem Fall, daß
das streitige Rechtsverhältniß allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich fest-
gestellt werden kann (z. B. in Preußen über Realservituten für Grundstücke und an
Grundstücken, welche im Miteigenthum mehrerer Personen sich befinden) oder die
S. aus einem sonstigen Grunde eine civilrechtlich nothwendige ist, die hinsichtlich
eines Termines oder einer Frist säumigen Streitgenossen als durch die nichtsäumigen
vertreten angesehen werden.
Quellen: Deutsche CPO. 8§ 58—60, 95, 434.
Lit.: Warmuth in Busch's Zeitschr. f. Civ. Prz. I. 506. — Petersen, a O. II.
170. — J. v. Amelunxen, Die sog. nothwendige Stühaitgenossenschoft der Deulschen CPO,
Mannheim 1881. P. Hinschius.
Streitobjekt (v. Bar, Thl. I. Suppl. S. 28 ff.) ist das maaterielle
Recht, dessen Realisirung durch den Prozeß vom Kläger erstrebt wird, und zwar
nach Hauptsache wie Accessionen; zu diesen letzteren wird indeß der Anspruch auf
Erstattung von Prozeßkosten nicht gezählt, da er seine Entstehung dem Prezesse
selbst und dessen einzelnen Akten verdankt. Von den der gerichtlichen Verfolgung
unterliegenden Rechten sind im Laufe der Zeiten Strafsachen einem befonderen Ver-
fahren und demnächst auch besonderen Strafgerichten überwiesen; ferner sind manche
Straf-, Civil= und öffentliche Rechtssachen besonderen Behörden, welche im All-
gemeinen unter der Bezeichnung Administrativbehörden zusammengefaßt werden, als
sog. Administrativsachen unterworfen worden, für deren Oualität als solche eben
um dieses geschichtlichen Zusammenhanges willen im Zweifelsfall der Beweis geführt
werden muß: alle übrigen Sachen werden im Wege des Civilprozesses verfolgt, dessen
Objekte daher sich nicht auf das Gebiet des Privatrechts beschränken, sondern ebenso-
wol in die Sphäre des öffentlichen und des Kirchenrechts hineingehören können, wofür
auf Steuer= und Konskriptionsfreiheit, auf Patrimonialjurisdiktion und die übrigen
von Stahl hervorgehobenen sog. exemten Rechte, sowie auf Ehe= und Patronats-
sachen hingewiesen sein mag. — Die Erfordernisse für die Verfolgbarkeit eines An-
spruchs im Civilprozeß ergeben sich theils aus dem materiellen, theils aus dem Prozeß-
recht. Im Gem. Rechte sind zunächst und abgesehen von Aufgeboten und Provokationen
nur solche Rechte verfolgbar, welche auf einem selbständigen Erwerbsgrunde beruhen
und der Exekution fähig sind, wobei die Vorenthaltung des Rechts weniger ein Er-
forderniß des Anspruchs, als eine natürliche Voraussetzung der Anwendbarkeit richterlicher
Hülfe, also auch der Prozeßerhebung des Klägers ist. Die Deutsche CPO. gestattet