Verjährung. 1037
des Anspruchs ist in diesem Falle ebenso zu bemessen, wie zum Zweck der Berechnung
des Verzugs, man darf aber diese Analogie nicht so weit treiben, daß man zum
Beginn der V. hier auch noch interpellatio des Schuldners und Weigerung des
letzteren verlangt. Sogar der provisorische Verzicht des Berechtigten auf den klag-
baren Anspruch, wie er beim Darlehn auf Kündigung, beim precarium, nicht
aber bei der befristeten Stundung (hier erfolgt eine Unterbrechung der V., c. 8
§ 7 C. 7, 71) zu Tage tritt, hindert den klagbaren Anspruch nicht an der Ent-
stehung schon vor jenem Verzicht, d. h. die V. beginnt mit Hingabe des Darlehns,
des precarium u. s. w. (Windscheid § 107, 5, wozu Leonhard in Jahrb. f.
Dogm. XVII. (1879) 438—82; lebhaft bestritten); konsequent muß man einen
solchen Anspruch auf „Leistung 8 Tage nach Kündigung"“ vom neunten Tage nach
Hingabe des Darlehns u. f. w. an verjähren lassen (Windscheid, § 107, 9 i. d.
Mitte). Früher machte man in Verkennung der Thatsache, daß derjenige, welcher
die Fälligkeit seines Anspruchs von seinem Willen abhängig macht, eben einen sofort
fälligen Anspruch schafft, für solche Fälle die Regel zurecht: toties praescribitur
actioni non dum natage, duoties nativitas ejus est in potestate creditoris. —
Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen verjährt jede einzelne vom Augenblicke
ihrer Fälligkeit an für sich; ob auch das Recht auf alle diese Leistungen im Ganzen
verjähre, etwa von der letzten vollständigen Leistung an, oder sobald der Schuldner
einmal dem Gesammtrecht widerredet habe, ist eine alte und noch nicht ausgetragene
Streitfrage (Windscheid, § 107, 8); Positives ergeben die Quellen nur hinsichtlich
der V. verzinslicher Kapitalforderungen (c. 26 pr. C. 4, 32).
Der Tag, an welchem actio nata ist, bezeichnet also den Anfangspunkt der
Klagen-V. Indessen ist das nur die Regel. Die V. beginnt unter denselben
Umständen nicht zu laufen, deren späteres Eintreten nach actio nata einen
Stillstand der V. veranlaßt (so daß „praescriptio dormit“, wie man neuerdings
sagt). Das ist der Fall, wenn und solange ein impubes oder ein Minderjähriger
oder ein in väterlicher Gewalt stehendes Hauskind Klageberechtigter ist; der Minder-
jährige hat diesen Vortheil indeß nur bei den Ansprüchen, deren Verjährungszeit
29 Jahre nicht übersteigt, und das Hauskind nur hinsichtlich der dem ususfructus
paternus unterliegenden Ansprüche. Landesrechte, wie das Preußische, haben diese
Vorschrift auf alle Klagen Minderjähriger und auf die Klagen anderer unselbständiger
Personen (Wahnsinnige, Taubstumme, Abwesende) ausgedehnt, jedoch das Preußische
Recht nur bezüglich der in der Person dieser Bevormundeten selbst erst zur Nativität
gelangten Ansprüche. — Ein weiterer Grund, aus dem die V. nicht beginnen kann,
die begonnene ruht, ist die Thatsache, daß der Klageberechtigte an der Klagerhebung
faktisch oder rechtlich gehindert ist; so lange dieser Zustand dauert, läuft die V.
nicht. Mit der Anerkennung faktischer Hindernisse dieser Art ist das Gemeine Recht
sparsam; eigentlich gilt als solches nur nach kanonischem Recht der Umstand, daß
Ansprüche wegen feindlichen Einfalls im Lande oder daß Ansprüche der katholischen
Kirche wegen eingetretenen Schisma's nicht zur Geltung gebracht werden können,
außerdem soll blos, wo das Römische Recht die V.zeit als tempus utile und nicht
als continuum berechnet haben will, d. h. praktisch blos bei der weniger als ein-
jährigen V. das Vorhandensein anderer vorübergehender faktischer Hindernisse
in Betracht kommen (v. Savigny, III. 407 ff.; IV. 428 ff.). Aus Gründen der
Rechtsordnung ist die Geltendmachung des klagbaren Anspruchs und folgeweise der
Lauf der V. gegen diesen in einzelnen Fällen gehemmt z. B. des Eigenthums-
anspruchs wegen verbauten Materials (Windscheid, I. 8§ 188, 13 indessen: § 109, 2;
Brinz, § 114, nach Note 40), des Anspruchs der Ehefrau auf nicht gültig ver-
äußerte Dotalobjekte während der Ehe (§ 30 C. 5, 12), der Erbschaftsklagen während
der Deliberations= oder Inventarisationsfrist (c. 22 § 11 C. 6, 30). Ob man
auch einen allgemeinen rechtlichen Hinderungsgrund der Klagerhebung und V. auf-