1068 Versäumniß.
die zwiespältige Stellung, welche die CPO. zum Eventualprinzip einnimmt. Nach
§5 256 der CPO. können Beweismittel und Beweiseinreden bis zum Schluß der
mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, auf welche das Urtheil ergeht, nur
dürfen dieselben auf Antrag vom Gericht kraft Souveränitätsbefugniß zurückgewiesen
werden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern und das
Gericht die Ueberzeugung gewinnen sollte, daß sie absichtlich oder aus grober Nach-
lässigkeit früher nicht vorgebracht worden. Demgemäß können Zeugen, Sachver-
ständige, Editionsgesuche gegen Dritte auf Antrag zurückgewiesen werden, wenn ihre
Benennung bzw. Stellung nach dem Beweisbeschluß geschehen ist. Nach diesen
Bestimmungen erscheint die Beweismittelangabe nicht schon mit dem Beweisbeschluß,
sondern erst mit dem Schluß der Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, ver-
säumt; aber nicht V., sondern richterliche Ausschließung wegen Chikane oder grober
Nachlässigkeit liegt vor, wenn sie nach dem Beweisbeschluß benannt und auf Antrag
zurückgewiesen werden. Die Motive (S. 169, 248) freilich nehmen hier V. an und
gestatten eine purgatio contumaciae, welche, wie es scheint, in die unmittelbare
Sistirung der nachträglich benannten Zeugen und Sachverständigen im Termin gesetzt
wird. Wäre diese Sistirung purgatio contumaciae, Nachholung der versäumten
Handlung, so wäre das V. durch sie geheilt, und das Gericht müßte die Zeugen
zulassen, ob durch ihre Vernehmung eine Verzögerung einträte oder nicht. Allein
das Gericht ist berechtigt, auch trotz der Sistirung die Vernehmung oder weitere
Vernehmung zu weigern, wo eine größere Zahl solcher Zeugen oder Streitigkeiten
über Weigerung des Zeugnisses oder über die Vereidigung das Ende aubhalten
würden. Die Sistirung bedeutet also keine Nachholung einer versäumten Handlung,
sondern beseitigt unter Umständen eine Bedingung richterlicher Ausschließung der
Vernehmung. Die Ausschließung des Eventualprinzips würde ferner eine Parteie
als säumig nicht ansehen lassen, welche im Termin der Beweisaufnahme nicht er-
scheint; dieselbe würde daher eine wegen ihres Ausbleibens unterlassene Beweisauf-
nahme oder eine Vervollständigung einer ungenügend ausgefallenen Beweisaufnahme
noch im Schlußtermin der mündlichen Verhandlung fordern können. Der § 332
der CPO. gestattet ihr einen dahin gehenden Antrag bis zum Schluß der münd-
lichen Verhandlung aber nur dann, wenn das Verfahren dadurch nicht verzögert wird
und sie glaubhaft macht, daß sie ohne ihr Verschulden im Termin ausgeblieben,
bzw. daß durch ihre Abwesenheit eine wesentliche Unvollständigkeit der Beweis-
aufnahme eingetreten sei. Hiernach muß der Beweistermin für peremtorisch und
das Eventualprinzip bezüglich seiner für beibehalten erachtet werden, und die Heilung
des V. erfolgt nicht im Wege der purgatio contumaciae, wie die Motive annehmen,
sondern auf Gründe, wie sie der gemeinrechtlichen Restitution eigen sind. — Das
V. hat im Prozeß seine Folgen: zunächst treffen den Säumigen die Kosten, soweit
sie durch sein V. verursacht sind, weshalb er auch fast immer die Kosten des Ein-
spruchs und der Wiedereinsetzung trägt; sodann aber leidet er, abgesehen von der
Anwendung von Zwangsmitteln zum Erscheinen in Ehe= und Entmündigungssachen,
auch Nachtheile hinsichtlich seiner Rechtsverfolgung, es wird Zurücknahme der Klage,
Verzicht auf das Klagerecht, Geständniß der Klagethatsachen, Anerkennung der Echt-
heit von Urkunden, Weigerung des Eides und demzufolge Einräumung der zum
Eide verstellten Thatsachen als wahr bzw. bei Weigerung des Relaten als nicht
wahr angenommen, und wo das Gesetz die Folge nicht besonders bestimmt hat,
Ausschließung der betreffenden Handlung. O. Bülow hat in diesen Annahmen,
soweit er sie berührt, Fiktionen gefunden, was sie im Gemeinen Recht, wo ihre
Beseitigung nur durch Restitution möglich ist, dem größten Theile nach freilich sind.
Nach der CPO. aber sind sie gesetzliche Präsumtionen, Vermuthungen, wie die
Motive S. 156 u. 169, deren Sprachgebrauch freilich kein konstanter ist, sie richtig
qualifiziren, weil der Säumige durch Nachholung des Versäumten mittels Einspruches
bzw. Berufung sie fast alle, und namentlich die von O. Bülow erörterten, als