Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Versäumniß. 1069 
nicht zutreffend widerlegen kann. Unter den vermeintlichen Fiktionen sucht O. 
Bülow nach verborgenen Wahrheiten: bezüglich der Thatsachen soll es keine 
Erklärungspflicht des Beklagten geben, nur ein Recht, sie zu bestreiten und Beweis 
zu verlangen, hinsichtlich der Eidesdelation nur ein Recht des Delaten, durch seinen 
Eid die Behauptungen des Deferenten zu entkräften u. dgl. m., und so gelangt 
O. Bülow dahin, die ganze Lehre vom V. in der CPO. auf ein einziges 
Germanisches Abwehr= und Rechtsverwirkungsprinzip (Präklusionsprinzip) zurückzu- 
führen. Dagegen sei zunächst bemerkt, daß die Annahme des Geständnisses bei 
Nichtbestreitung der Thatsachen nicht Germanischen Ursprungs ist, sondern aus dem 
neueren Preußischen und Französischen Rechte stammt, in welchem die Verbindung 
der Beweismittelangabe bzw. des Urkundenbeweises mit den Thatsachen für die An- 
nahme des Geständnisses immerhin doch eine gewisse, auch im § 504 der CPO. 
hervortretenden Grundlage gewährt, welche das Germanische Recht nicht erforderte, 
und in welchem wiederum in der Nachholung des Versäumten mittels Einspruches 
bzw. Berufung Heilmittel gegeben sind, welche das Germanische Recht ebenfalls 
nicht gekannt hat. Sodann aber ist gegen diese Auffassung vor Allem darauf hin- 
zuweisen, daß Eide schwören zu müssen, die man nicht zurückschieben kann oder will, 
eine Belastung des Gewissens sein kann, zu deren Abwendung auch die Deutsche 
CP O. noch die Gewissensvertretung gestattet, und daß die Forderung, bei Ver- 
meidung des Geständnisses sich über die vom Gegner behaupteten Thatsachen zu 
erklären, darum eine Verpflichtung in sich schließt, weil der Staat, der nur bestehende 
Rechte zu verwirklichen hat, eben deshalb den Nachweis derselben vom Kläger ohne 
Zuthun des Beklagten erfordern müßte, während er vom letzteren Bestreitung bei 
Vermeidung der Annahme des Geständnisses fordert und, wenn die Bestreitung nicht 
erfolgt, durch Verwirklichung des Präjudizes dem Kläger seine Last ganz oder theil- 
weise abnimmt. Nebenher ist es auch unmöglich, daß der Beklagte durch Schweigen 
sein Recht, vom Kläger den Beweis der Klagthatsachen zu fordern, verwirken könnte, 
da ein solches Recht nicht dem Beklagten, sondern dem Staat und dem Richter 
zusteht und auch die CPO. an dem Grundsatz: ludici fit probatio festhält. Wissen- 
schaftlich wird man daher mit der CPO. zwischen der Präklusion und den über 
diese hinausliegenden V. folgen auch noch ferner scheiden müssen. — Für die Er- 
fordernisse der Verhängung der V folgen ist zuvor ein Blick auf die Verhältnisse 
der Kontumaz im Römischen und Gemeinen Recht zu werfen. Die contumacia 
des Römischen Rechts war Ungehorsam gegen einen magistratischen Befehl (auctori- 
tatem seu edictum Praetoris contemnere), ihr hauptsächlichster Fall die contumacia 
absentiae, wenn der Beklagte und seit Justinian auch der Kläger auf die für die 
denuntiatio ex auctoritate vom Magistrat abgegebenen dilatorischen und peremto- 
rischen Edikte nicht erschien. Der Italienische Prozeß des Mittelalters adoptirte die 
contumacia des Römischen Rechts theils bezüglich der Positionen, auf deren Nicht- 
beantwortung er die Nachtheile der unterlassenen Beantwortung der Römischen 
interrogationes in jure anwandte, theils bezüglich der Termine, zu welchen durch 
die dilatorischen und peremtorischen Edikte der denuntiatio ex auctoritate geladen 
oder welche mit dilatorischer oder peremtorischer Wirkung den anwesenden Parteien 
vorgeschrieben wurden. Nach Beseitigung der Positionen durch den Jüngsten Reichs- 
abschied war es allein die Unterlassung einer der Partei durch dilatorische oder 
peremtorische Auflage des Richters vorgeschriebenen, von ihr zu bestimmtem Termine, 
oder, als schriftliches Verfahren eintrat, binnen bestimmter Frist vorzunehmenden 
Handlung, welche den Begriff der Kontumaz ausmachte, von welcher daher Un- 
gehorsam anderer Personen, als der Parteien, z. B. der Zeugen oder des Unter- 
richters, oder der Unterlassung von Handlungen, welche nicht durch dilatorische oder 
peremtorische richterliche Dekrete vorgeschrieben waren, z. B. Nichterfüllung kondem- 
natorischer Urtheile oder Nichteinwendung von Rechtsmitteln ausgeschlossen waren, 
und welche sich auch als reim formaler Begriff gegen die von Manchen versuchte
	        
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