Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Versäumnißverfahren. 1073 
erkannt, eventuell aber die Sache unter Aufhebung des Urtheils an das Berufungs- 
gericht zurückgewiesen. In Ehesachen und bei den Anfechtungsklagen in Ent- 
mündigungssachen ist ein Versäumnißurtheil gegen den Beklagten, Ausbleiben im 
Termin der Ausschwörung eines richterlichen Eides ausgenommen, nicht zulässig. 
Für Widerklagen gilt dasselbe wie für Klagen, und für angeschlossene Rechtsmittel. 
dasselbe wie für die Rechtsmittel. — Sehr kontrovers ist, ob das dem säumigen 
Beklagten erster Instanz gestellte Präjudiz des Geständnisses des thatsächlichen Vor- 
bringens des Klägers sich nur auf die den Anspruch begründenden Thatsachen beziehe 
oder, wie von Baron und in der Justizkommission des Reichstags angenommen 
worden, auch auf solche, welche die Zuständigkeit des Gerichts angehen, oder ob, 
wie Wach, O. Bülow und Fitting wollen, in Folge der Präklusion der In- 
kompetenzeinrede die Zuständigkeit ohnehin als eingeräumt angesehen werden müsse. 
In dieser Beziehung ist zunächst auf die Struktur des Klagsatzes im § 230 der 
CPO. hinzuweisen: derselbe muß keine Begründung der Zuständigkeit, sondern nur 
die Bezeichnung des Gerichts und ferner die Angabe des Gegenstandes und Grundes 
des Anspruchs und einen bestimmten Antrag enthalten. Dieser Antrag kann nur 
als Sachbitte, nicht zugleich als Prozeßbitte, die Zuständigkeit auf Grund der dafür 
beigebrachten Thatsachen für vorhanden zu erachten, verstanden werden, weil eben 
nur Bezeichnung des Gerichts, nicht Begründung seiner Zuständigkeit erfordert ist. 
Eben darum kann im § 296 der CPO. unter Klagantrag auch lediglich die Sach- 
bitte und unter Thatsachen, die den Klagantrag rechtfertigen, auch nur solche, 
welche den Anspruch begründen, nicht solche, welche zur Begründung der Zuständig- 
keit nachträglich in der mündlichen Verhandlung vorgebracht sind, gefunden, die 
Annahme des Zugeständnisses daher nur auf erstere Thatsachen bezogen werden. 
Damit dürften die in der Justizkommission des Reichstags hervorgetretenen ab- 
weichenden Auffassungen, welche sich auf bisheriges Landesrecht stützen, hinfällig 
werden, indem die CPO. die Erfordernisse der Klage völlig selbständig geordnet hat. 
Hiernach das Wach'sche Präklusionsprinzip anlangend, so ist mit der Präklusion 
der Einrede der Unzuständigkeit als einer prozeßhindernden eigentlich nur das Recht, 
auf Grund derselben die Einlassung zu verweigern, verloren, und im Gemeinen 
Recht, wo offizielle Abweifung möglich ist, steht ebensowenig einer nach der Ein- 
lassung erfolgenden Rüge und Deduktion der Inkompetenz etwas im Wege, wie einer 
Anfechtung von Urtheil und Verfahren auf Grund derselben mittels Berufung und 
Nichtigkeitsbeschwerde. Nun ist freilich die offizielle Abweisung für das Gebiet der 
C#O. ein bestrittenes; Wach selbst erkennt sie jedoch an, wo die Sache vor einen 
ausschließlichen Gerichtsstand gehört oder eine einfache Civilsache vor der Kammer 
für Handelssachen anhängig gemacht ist, und wird daher hier einer nach der Ein- 
lassung, also nach der Präklusion der prozeßhindernden Einrede, vorgebrachten Rüge 
der Unzuständigkeit das Gehör und den Erfolg nicht versagen können, bei der Kammer 
für Handelssachen, so lange bei ihr noch kein Beschluß zur Hauptsache ergangen ist. 
Und wie hier die Präklusion der prozeßhindernden Einrede eine andere Weise der 
Geltendmachung der Unzuständigkeit nicht ausschließt, so hat auch der § 39 der 
CPO., welcher stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit annimmt, wenn der 
Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, mündlich zur Hauptsache ver- 
handelt hat, die Form der Geltendmachung nicht auf die prozeßhindernde Einrede 
beschränkt, vielmehr wird der Beklagte unter ausdrücklichem Verzicht auf die prozeß- 
hindernde Geltendmachung der Einrede oder ohne solchen die Präsumtion der Ver- 
einbarung abwehren können, wenn er die Einlassung auf die Hauptsache mit dem 
Zusatze vornimmt, daß er über die Zuständigkeit des Gerichts Zweifel hege und für 
den Fall, daß das Gericht dieselbe nicht für begründet erachte, eine Vereinbarung 
über dieselbe ablehnen wolle. Ist somit auch hier die prozeßhindernde Einrede nicht 
die einzige Form der Geltendmachung der Unzuständigkeit, so kann ihre Präklusion 
auch nicht an die Stelle der Prorogation des Gerichtsstandes getreten sein, welche 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 68 
 
	        
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