Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Versicherungsvertrag. 1081 
vertreter, aufzufassen; auch ist es denkbar, daß sie im Betriebe ihres Geschäfts auch 
in ein besonderes Rechtsverhältniß zu den Versicherungsnehmern und zur Gesellschaft 
treten (z. B. in ein Bürgschaftsverhältniß, s. Entsch. d. ROHG. Bd. XXIII. S. 
148; oder bzw. der Eingehung von Schiedsverträgen f. ebenda Bd. X. S. 381). Zur 
Vermittlung von V. sind auch Handelsmäkler amtlich berufen (H. Art. 67). Ueber 
die Gültigkeit der V., welche mit ausländischen, im Inlande nicht konzessionirten 
Versicherungsanstalten bzw. deren Agenten abgeschlossen werden, s. Entsch. d. Reichs- 
gerichts Bd. I. S. 115—116. · 
Die Verpflichtung zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes kann die 
Pflicht in sich schließen, V. für eigene oder für fremde Rechnung abzuschließen. Eine 
in einem solchen Falle zustehende actio negotiorum gest. contraria wird dadurch 
nicht ausgeschlossen, daß der Gestor durch den Abschluß des V. zugleich auch neben- 
bei sein eigenes Interesse beförderte (s. Entsch d. ROHG. Bd. VII. S. 260 ff.). 
Dem Kommissionär und dem Spediteur obliegt die Pflicht, das anvertraute Gut 
zu versichern, nur bedingt, nämlich nur dann, wenn ein Auftrag zur Versicherung 
ertheilt wurde; ein folcher Auftrag kann aber auch stillschweigend ertheilt sein 
(Entsch. d. RNOHG. Bd. VII. S. 361). Hat ein Spediteur oder Kommissionär das 
anvertraute Gut versichert, so ist die Forderung aus dem V. zu cediren an den 
Auftraggeber, soweit es sich dabei um das versicherte Interesse dieses letzteren handelt 
(ebendaselbst Bd. II. S. 266—268). 
Seit das Versicherungsgeschäft größere Ausdehnung erlangt hat, wird es 
gewerbemäßig von besonderen Gesellschaften betrieben; Versicherungsgesellschaften, 
die auf Aktien gegründet sind, unterliegen besonderen Vorschriften: die Aktien müssen 
stets auf einen Betrag von mindestens 300 Mark lauten, auch, wenn sie auf Namen 
lauten; und auf jede Aktie müssen schon vor der Registrirung der Gesellschaft min- 
destens 20% eingezahlt sein (s. HGB. Art. 207 a, 209 a, 210 a.). — Die Gesell- 
schaften (sowie auch einzelne Personen, welche etwa noch als Versicherer auftreten) 
versichern regelmäßig gegen Prämie, d. h. sie lassen sich von dem Versicherungs- 
nehmer als Entgelt für die Risikoübernahme eine fixe Geldsumme (Prämie), bei 
längeren Versicherungen jährlich (d. i. nach relativen Versicherungsjahren, Erk. d. 
RO#. v. 15. Novbr. 1872) bezahlen, versprechen oder pränumeriren, auf 
deren Höhe der Umstand, daß innerhalb der Anzahl der von dieser Gesellschaft 
Versicherten der von ihr zu tragende Schaden thatsächlich mehr oder minder häufig 
eintritt, ohne (prinzipiellen) Einfluß ist; die Gesellschaft und die Gesellschaftsmitglieder 
treten hierbei lediglich als Versicherer auf. Es giebt aber auch Versicherungsgesell- 
schaften, welche nicht auf Prämienzahlung, sondern auf Gegenseitigkeit ge- 
gründet sind; die eine derartige Gesellschaft bildenden Mitglieder verpflichten sich, 
den Schaden, welcher in Folge bestimmter Ereignisse Einzelne aus ihnen trifft, 
gemeinsam zu ersetzen, indem sie dem von dem Unglück betroffenen Genossen Schadens- 
ersatz durch Beiträge leisten, deren Höhe entweder vor Eintritt des Unfalls resp. 
vor Ablauf einer Rechnungsperiode bereits approximativ festgestellt wurde und dann 
nach Bedürfniß regulirt wird, oder sich erst durch die Repartition des innerhalb 
einer abgelaufenen Periode gemeinsam zu hebenden Schadens ergeben soll. Die 
Mitglieder der auf Gegenseitigkeit gegründeten Gesellschaft sind demnach insgesammt 
Versicherer und Versicherungsnehmer zugleich und ihre Gesellschaft ist an sich keine 
Handelsgesellschaft (Entsch. d. ROHG. Bd. VI. S. 94 ff.). Die Uebernahme einer 
Versicherung gegen Prämie ist nach Art. 271 des Allg. Deutschen HGB. ein (ab- 
solutes) Handelsgeschäft, doch kann dem Geiste dieses Gesetzes nach auch eine auf 
Gegenseitigkeit beruhende ein solches sein, dann nämlich, wenn auch hierbei feste 
Prämien statuirt sind, deren Ueberschuß nach Ablauf einer Geschäftsperiode als 
Dividende an die Gesellschaftsmitglieder, welche hier dann nur als Versicherer in 
Betracht kommen, vertheilt werden (vgl. Goldschmidt, H.R. 1. Aufl. S. 443 
und etwas anders und ausführlicher 2. Aufl. S. 584—586, und Malß, Betrach-
	        
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