Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1084 Versicherungsvertrag. 
Schadens. Zu diesen Leistungen ist der Versicherer nicht blos dem Versicherungs- 
nehmer und primär Versicherten verpflichtet, sondern regelmäßig auch dem Universal-, 
ja auch dem Singularsuccessor desselben; über Lebensversicherung in dieser Be- 
ziehung s. Wolff in Goldschmidt's Zeitschr. Bd. XII. S. 169; doch kann die 
Forderung des Versicherten gegen den Versicherer bei Sachenversicherungen nicht 
übertragen werden, ohne daß der Surccessor in irgend eine dingliche Rechtsbeziehung 
zur versicherten Sache tritt, bei Personenversicherungen in der Regel nicht ohne Ueber- 
tragung der Polize und nur mit Zulassung der aus der Person des ursprünglich Berech- 
tigten abgeleiteten Einreden auch gegen den späteren Erwerber. Lautet die Polize „an 
Order", so ist das Forderungerecht des Versicherungsnehmers durch Indossament 
übertragbar, so namentlich nach Art. 302 der Allg. Deutschen H#G#B. die Seeasse- 
kuranzpolize (nicht aber Lebensversicherungspolizen, Erk. d. ROHG. v. 30. Juni. 
1871), andernfalls wird ein Uebergang jenes Rechts, und zwar auch wenn die 
Polize auf den Inhaber gestellt ist, nur durch eine wirkliche Cession bewirkt, 
wovon der Verkehr nur bei untergeordneten Arten des V., z. B. bei Eisenbahn- 
passagiergut-Versicherungen, Ausnahmen machen dürfte (Malß, Betrachtungen rc., 
S. 64 ff. und in Goldschmidt's Zeitschr. f. H. R. Bd. XIII. S. 286 ff.). Die 
Inhaberklausel bewirkt nur die Befreiung des Schuldners von der Legitimations- 
prüfung (Erk. d. ROG. v. 20. Oktbr. 1871) und die Lebensversicherungspolize 
insbesondere wird dadurch kein Inhaberpapier, daß der Versicherer sich vertrags- 
mäßig das Recht vorbehält, ohne Weiteres den Präsentanten der Polize als den 
zur Erhebung der Zahlung Berechtigten ansehen zu dürfen (Entsch. d. ROS. 
Bd. IX. S. 242; vgl. hiermit auch Entsch. d. Reichsger. Bd. I. S. 187; Reten- 
tionsrecht an Polizen f. Entsch. d. ROHG. Bd. IX. S. 243). 
Besonderen, meist gesetzlich festgestellten Grundsätzen unterliegt die Seever- 
sicherung: hierüber s. diesen Art. 
Die Grundsätze der Versicherung gegen Feuersgefahr werden wesentlich 
durch polizeiliche Normen beeinflußt; über diese und auch das besondere Privatrecht- 
liche des Feuerversicherungswesens f. die besonderen Art. Feuerversicherung 
und Feuerkassengelder. 
Weniger Aufmerksamkeit als dem See= und Feuer-V. hat die Gesetzgebung der 
Versicherung von Gütern gegen die Gefahren des Fluß= und Landtransports (Üüber 
die Frage nach der Anwendbarkeit von Buch V. Tit. 8 und 11 des Allg. Deutschen 
HGB. hierauf s. Malß, Zeitschr. f. Versich.-R. I. S. 53 und Goldschmidt's 
Zeitschr. f. H. R. Bd. VI. S. 364 ff. und Bd. XII. S. 197), ferner der von 
Bodenfrüchten gegen die Gefahr des Hagelschlags, von Vieh gegen Seuchen, von 
Glas gegen Bruch zugewendet. Zur rechtlichen Beurtheilung bieten hier die Usancen 
und Gesellschaftsstatuten neben den allgemeinen Rechtsgrundsätzen die nöthigen An- 
haltspunkte. Dasselbe gilt mit wenigen Ausnahmen rücksichtlich der Kreditver- 
sicherungen, zu denen man auch die Hypotheken= und Rückversicherungen und die 
Versicherungen von nicht hypothekarisch gedeckten Forderungen rechnet. 
Zu den Personenversicherungen wird der Lebens-V. gerechfet; allein dieser 
Vertrag unterscheidet sich so sehr von den übrigen V., daß nicht einmal das 
als unbestritten anzusehen ist, ob nach der Absicht des Allg. Deutschen HGB. 
der Lebens-V. gegen Prämie auch als absolutes Handelsgeschäft gelten solle, und 
ob nicht ebenso wie der gewöhnliche Sprachgebrauch so auch die Absicht jener 
Gesetzgebung den Lebens-V. als V. auffaßt (Stobbe a. a. O. S. 365; Thöl, 
§ 310, Anm. 3). Die Hauptunterschiede, welche zwischen den Lebens-V. und den 
übrigen V. liegen, bestehen darin, daß vom Erforderniß eines vermögensrechtlichen 
Schadens, gegen welchen versichert werden soll, im Lebens-V. gänzlich abzusehen, 
das Versicherungskapital lediglich von der Vereinbarung, nicht von dem Umfang irgend 
eines schädigenden Ereignisses, und — bei den echten Lebensversicherungen — der 
Eintritt des die Fälligkeit des Versicherungskapitals bewirkenden Ereignisses ebenso
	        
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