Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

824 Subhastation. 
Während in materieller Beziehung auf die S. die Grundsätze vom Kauf Anwen- 
dung finden, ist das Verfahren unter Anlehnung an Römische Vorschriften und Alt- 
deutsche Gebräuche von der Praxis des Gem. Rechts eigenthümlich entwickelt, neuer- 
dings aber durch Landesgesetze mannigfach umgestaltet worden. Nur in einigen 
Punkten hat die RéPO. 8§ 755—757 wieder Gem. Recht hergestellt. Im Uebrigen 
gilt in Preußen als Grundlage des jetzigen Rechts a) für die alten Provinzen, 
in denen die Allgem. Gerichts-Ordn. Gesetzeskraft hatte, an Stelle des Tit. I. 52 
Abschn. 1 derselben und der Verordnung vom 4. März 1834 die S.ordnung vom 
15. März 1869, welche hier und da ergänzt wird durch das Eigenthumsgesetz vom 
5. Mai 1872; b) für die Rheinprovinz die Verordnung vom 1. August 1822; 
c) für Hannover die Bürg. Prz. O. § 561—564 2c. Zu diesen und anderen auf 
einzelne Landestheile beschränkten Verordnungen kommt aber nunmehr das zur Aus- 
führung der RopO. für die gesammte Preußische Monarchie erlassene Gesetz, betr. 
die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, vom 4. März 1879. Für 
Bayern enthält Vorschriften die Bayer. Prz. Ordn. Art. 1038—1138; für das 
Königreich Sachsen theils das Be#., theils die Verordnung, betr. das Ver- 
fahren in nicht streitigen Sachen, vom 9. Januar 1865; für Frankreich der code 
de proc. civ. art. 673 ss. (de la saisie immobilière); endlich für Oesterreich 
unternimmt eine neue Kodifikation der Entwurf einer CPO., Wien 1881, 88 857 
bis 943. — Eine gleichmäßige Ordnung der S. für ganz Deutschland ist erst nach 
einer gemeinsamen Regelung des Eigenthums= und Hypothekenrechts an Grundstücken 
zu erwarten. Deshalb und weil zur Grundlage dabei die Preußische S.ordn. 
mit ihren Ergänzungen genommen werden dürfte, soll hier das Recht der letzteren 
mit vergleichenden Rück= und Seitenblicken skizzirt werden. — Nach den meisten 
Rechten unterscheidet man eine nothwendige und eine freiwillige S. Und 
zwar erfolgt die nothwendige entweder im Wege der Zwangsvollstreckung (Schulden 
halber) auf Betreiben eines Gläubigers, oder Theilungs halber, wenn ein Miteigen- 
thümer sie wider Willen des anderen erwirkt. Die Preuß. S. ordn., § 112, be- 
handelt außerdem als nothwendig die vom Benefizialerben beantragte, durch welche 
er sich gegen die Nachlaßgläubiger vor jeder Verantwortung aus dem Kaufe deckt. 
Freiwillig ist dagegen jede nicht nothwendige S. insbesondere die vom Vormund 
in Bezug auf Mündelgut oder von sämmtlichen Miteigenthümern übereinstimmend 
beantragte. — Gegenstand der S. sind außer Grundstücken meist auch gewisse 
selbständige, d. h. in ihrem Bestande von einem Grundstücke unabhängige, Gerechtig- 
keiten, z. B. eine Fähr-, Zoll-, Schiffsmühlengerechtigkeit, ferner größere Schiffe 
u. a. m. (S.ordn. § 1, Allg. LR. I. 2, § 9). Doch weichen im Einzelnen die 
Rechte von einander ab und auch die CPO. hat darin kein gleichmäßiges Recht 
geschaffen, indem sie in § 757 auf die Landesrechte verweist, und ebenso das 
Zwangsgesetz in § 1 wieder aufs die bestehenden Vorschriften über die Anwendung der 
S. auf andere Sachen als Grundstücke. Zuständig zur Leitung der S. (S.richter) 
war früher regelmäßig wegen der Größe des Objekts und behufs Sicherung des 
Verfahrens ein Kollegialgericht. An Stelle desselben setzte die S.ordn. im Interesse 
schnellerer und minder kostspieliger Erledigung einen Einzelrichter mit örtlich be- 
stimmter Kompetenz. Jetzt beruft auch die CPO. § 755 als Vollstreckungsgericht 
dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist; vgl. auch § 684 
und die Ausdehnung des § 755 durch das Zwangsgesetz § 36. Der Code civ. 
art. 673 überträgt die S. gar einem Huissier. 
Was nun im Besonderen I. die S. im Wege der Zwangsvollstreckung 
angeht, so beruht das Verfahren bei derselben darauf, daß hier, wie beim Konkurse, 
mit dem Interesse des andringenden Gläubigers die Interessen anderer Personen, 
insbesondere der Realberechtigten kollidiren, und daher die Zwangsvollstreckung nur 
in besonderen Formen auszuführen ist. Hiernach ist die S. ihrem Wesen nach kein 
Prozeß um streitige Rechte, sondern eine Vollstreckungsmaßregel, vor deren An-
	        
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