Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Verwaltungsexekution. 1109 
waltungszwecke bestand und später erst auf Gerichtsurtheile angewandt wurde. Aehnlich 
verhält es sich mit den analogen Hergängen im Mittelalter. Bei den Italienischen 
Juristen war es äußerst zweifelhaft und streitig, ob aus einer obligatio ad faciendum 
ein Zwang auf die Leistung selbst stattfinden könne, was man wenigstens nur 
propter utilitatem publicam zulassen wollte. Die Italienischen Juristen knüpfen 
die Frage der Zwangsmittel nicht hier, sondern an die Lehre von den poenae con- 
tumaciae an, welche meistens im Anschluß an die Citation und das Ausbleiben 
des Citirten behandelt wurde. Dabei galt als unbestritten ebenso das Recht eines 
jeden Richters, den Ungehorsamen durch Strafen, Auspfändung, Verhaftung (gl. 1. 1 
8 3 D. 3 de ventre insp. 25. 4; I1. 9 § 6 D. ad I. Jul. pecul. 48, 13) 
zu zwingen, wie die Anwendung des aus dem Germanischen Recht überkommenen 
Bannes und der Acht im weltlichen Recht, der Exkommunikation als äußersten 
Zwangsmittels im geistlichen Recht (c. 3, 5 X. 2, 6; Tancred. ed. Bergmann, 
p. 138, 15; Gratia p. 340, 16). Ausführlich behandelt die Frage Durantes II.1D 
de contumacia § 4, wo als Ungehorsamszwangsmittel aufgeführt werden: excom- 
municatio, Suspension, Immission, Auspfändung, mulcta, et si etiam in praestanda 
mulcta contumax sit, ponatur in banno secundum morem ltaliae etc. Speziell 
wird dann die Frage behandelt über die wiederholte und geschärfte Geldstrafe bei 
ausdauerndem Ungehorsam; zunächst im Fall des Ausbleibens, in gleicher An- 
wendung aber unbedenklich auf alle Ungehorsamsfälle, z. B. a. a. O. Nr. 5: pone, 
judex praecepit alicui, qucd juret parere mandatis suis, vel aliquid faciat sub 
poena decem librarum etc. — Auf dieser Grundlage bildete sich unverkennbar die 
Praxis des Reichskammergerichts zur Erzwingung seiner zahlreichen decreta und 
mandata, sowie die herrschende Lehre der Kameralisten über das Zwangsverfahren im 
Falle der Nichtbefolgung. Die Reichsbehörden hatten auf diesem Gebiet die reichste 
Auswahl an einem reichbesetzten Tisch. Altherkömmlich war das Recht der Deutschen 
Obrigkeit, ihre Befehle und Verordnungen, kraft des Karolingischen Amtsrechts, 
bei Königsbann, Herzogsbann, Grafenbann, Schultheißenbann, also durch Geldbußen 
zu erzwingen. Noch älteren volksrechtlichen Herkommens war die Civilacht. Alther- 
kömmlich war auch im Lehnrecht das Zwangsverfahren durch Pfändung (distractio, der 
Engl. distress). Das Röm. Recht kannte in gleicher Weise von Hause aus eine 
freie Wahl der Magistratur zwischen Geldbuße (mulcta) und Pfändung (pignoris 
capio). In der Zeit, wo man pedantischer Weise die Stellung der Deutschen 
Obrigkeiten nach dem Schema eines oflicium praetoris, proconsulis etc. behandelte, 
wurden sehr häufig auch Stellen aus dem Römischen Interdiktenprozeß citirt, um 
das polizeiliche Verordnungsrecht und Zwangsverfahren der Obrigkeiten durch gelehrte 
Citate zu justifiziren. Die den Reichsgerichten aufgetragene Verwaltungsjurisdiktion. 
in Landfriedens-Polizeisachen und analogen Beschwerden gegen die Obrigkeit (val. 
d. Art. Verwaltungsjustiz) wurde daher regelmäßig durch mandata sine clausula 
geübt, und durch die oben bezeichneten Zwangemittel durchgesetzt: und gleich- 
artig damit gestalteten sich nun auch die Exekutionen eines auf facere gerichteten 
Civiluxtheils. Es erging dann ein gewöhnliches mandatum sine clausula bei Strafe 
von 10 Mark löthigen Goldes, und des Weiteren das mandatum arctius, und so 
fort bis zur Acht. Diese Weise des Exekutionsverfahrens war so geläufig und 
durch die Praxis festgestellt, daß der IR A. von 1654 eine Bestimmung darüber 
zu treffen nicht für nöthig fand. Nur für den besonderen Fall eines auf non facere 
gerichteten Urtheils hat der IRA. 8 162 eine besondere Klausel für rathsam er- 
achtet, aus dem Grunde, weil dies Urtheil an sich keine Exekution nach sich zieht. 
Der Abkürzung wegen aber soll der immerhin möglichen Gefahr eines Ungehorsams 
sogleich durch eine Strafdrohung vorgebeugt werden. 
Nach dem Vorbild des Reichskammergerichts und auf der Grundlage der- 
selben geschriebenen Rechte und Gewohnheiten bildete sich die gemein- 
rechtliche Praxis des Zwangsverfahrens bei den Deutschen Behörden, insbesondere
	        
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