Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Verwaltungsjurisdiltion, Verwaltungsjustiz. 1113 
Sachen derselben durch das Partikularrecht gesetzlich zum Frauenvorbehalt bestimmt 
sind, ist mit diesem System nicht unverträglich. Bei der Auflösung der Ehe tritt 
die juristische Geschiedenheit der Gütermassen wieder hervor, die Frau erhält dann 
ihr Vermögen zurück, und hat einen Anspruch auf Ersatz desjenigen, was der Mann 
zur Befriedigung seiner Gläubiger daraus fortgegeben hat oder was durch seinen 
dolus oder Verletzung der diligentia quam suis abhanden gekommen, nicht aber auch 
desjenigen, was in der Ehe ordnungsmäßig verwendet ist. Mitunter ist aber der 
Anspruch auf Rückerstattung — um die Weiterungen eines für diese Fälle meistens 
schwierigen Beweises abzuschneiden — in das Recht verwandelt, bei Trennung 
der Ehe durch Tod einen bestimmten Theil des gesammten beiderseitigen Besitzes zu 
fordern, oder doch mindestens dem Ueberlebenden die Wahl zwischen dieser Quote 
oder der Zurückforderung seines Vermögens gelassen (letzeres z. B. in der Mark 
Brandenburg, wo die Ouote die Hälfte beträgt). — Wie man früher eine Reihe 
älterer Statuten, welche auf diesen Grundzügen ruhen (so das ältere Hamburgische, 
Bremische, Lübische Recht) für Statuten mit Gütergemeinschaft erklärt hat, so ist 
andererseits das hier besprochene System da, wo einzelne auf die letztere hindeutende 
Normen fehlten, früher von der romanisirenden Jurisprudenz unter Heranziehung der 
Römischen Regeln von der dos zu einem besonderen Institut des sog. ususkfructus 
maritalis (ehemännlichen Nießbrauches) gestempelt worden (z. B. in Holstein da, wo, 
wie namentlich für die Landbewohner, noch das Sächsische Recht gilt). Von den 
neueren Gesetzbüchern hat zunächst das Preußische LR. dieses System — neben der 
nach seiner Auffassung die Ausnahme bildenden Gütergemeinschaft — adoptirt und 
im Ganzen zweckentsprechend in den Einzelheiten gestaltet (Th. II. Tit. 1 §8§ 205 ff.), 
ebenso stellt das Sächsische BGB. (88 1655 ff.) den ehemännlichen Nießbrauch als. 
das gesetzliche System hin, während das Oesterreichische BS B. (88 1233 ff.) im 
Wesentlichen auf dem Boden des Dotalsystemes steht und nach C. civ. art. 1530 
ein dem ususfructus maritalis ähnliches Güterverhältniß nur durch die Klausel: 
„portant due les époux se marient sans communauté“ (wohl zu unterscheiden von 
der Klausel: „qu'ils seraient séparés de biens“) vertragsmäßig begründet werden 
kann. (Ueber das weitere Vorkommen des Systems der V. und des ehemännlichen 
Nießbrauches in Deutschland vgl. übrigens Mittermaier, Deutsches Privatrecht, 
§§ 391, 382, IV; v. Gerber, Deutsches Privatrecht, § 231 N. 1 und § 235). 
Lit.: S. hinter dem Art. Gütergemeinschaft; dazu noch für das Sächs. Recht: 
v. Martitz, Das eheliche Güterrecht des Sachsenspiegels, Leipzig 1867. P. Hinschius 
.Hinschius. 
Verwaltungsjurisdiktion, Verwaltungsjustiz. Die V. ist eine Schöpfung 
vorzugsweise Germanischer Auffassungen von Staat und Recht. Im Unterschied 
vom antiken Staat ist dies öffentliche Recht kein jus publicum, quod ad utili- 
tatem publicam spectat, sondern ein erzwingbares, stetiges Recht, eine Regelung 
der Staatsverwaltung durch bindende Gesetze. Während das antike imperium nur ver- 
antwortlich ist gegen den populus, nicht gegen den Einzelnen, so hat der Germanische 
Volksgeist die Kriegs-, die Finanz-, die Gerichts-, die Polizei-, die Kirchenhoheit 
schrittweise an Gesetze zu binden gewußt, die einen dem Alterthum fremden, festen 
Rechtskreis um das Individuum, die Familie, die Genossenschaft, die Kommune, 
die Kirche ziehen. 
Nach Ueberwindung der ständischen Ungleichheit war England am frühesten 
in der Lage, einen Rechtsstaat aufzubauen, in welchem die Gesellschaft in reger 
Selbstthätigkeit sich an ein entwickeltes Amts= und Verwaltungsrecht anlehnt, und 
den parlamentarischen Staat als eine „Regierung nach Gesetzen“ gestaltet. 
Der Kontinent war durch sehr verschiedene Lebensbedingungen auf einen 
verschiedenen, weitläuftigen Gang der Dinge verwiesen, für welchen in Deutschland 
mit der unbefangenen Würdigung auch die Selbstachtung wiederkehren muß; denn
	        
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