Verwandtschaft. 1127
hatte bis in den Anfang der Kaiserzeit Berufung zur Vormundschaft und eine Erb-
berechtigung zur Folge (Gaj. III, 17). — Im Deutschen Recht hat sich der Begriff
der Agnation verändert; sie ist die durch den Mannesstamm vermittelte Bluts-
gemeinschaft und meistens (so im Lehnrecht, bei den Fideikommissen) auf die männ-
lichen Seitenverwandten beschränkt. (S. Art. Parentelenordnung.)
2) Adoption, (. diesen Art.
3) Affinität, (. diesen Art.
4) Pflegkindschaft. Sie entsteht ohne den besonderen juristischen Akt der
Adoption durch Annahme als Kind (alumnus) und erhält im Röm. Recht rechtliche
Wirkungen nur in Folge besonderer Vereinbarung (I. 32 pr. D. 45, 1), im
Uebrigen erzeugt sie nur gewisse Pietätsverhältnisse (I. 26 C. 5, 4; § 1 I. 1, 6;
1. 14 pr. D. 40, 2). Neuere Partikulargesetze haben jedoch dies Institut mit
juristischen Wirkungen zu umkleiden gesucht, wie das Preußische Allg. LR. (II. 2
§§ 753—763) und der Code civil, nach welchem es sogar eine Vorstufe der Adoption
bildet (art. 363—370). Das Oesterr. BGB. (§ 186) hat sich dem Röm. Recht
durchaus angeschlossen.
5) Einkindschaft, (. diesen Art.
6) Geistliche V. (cognatio spiritualis). Die nach Ansicht der christlichen
Kirche in der Taufe liegende geistige Wiedergeburt erzeugt schon im Just. Recht
ein Eheverbot zwischen Pathen und weiblichem Täufling (I. 26 C. 5, 4). Der
Taufe trat im Kanon. Recht das Sakrament der Firmelung zur Seite; die auf
Grund beider ausgebildete Lehre wirkte früher als Ehehinderniß (Conc. Trid. Sess. 24
de ref. matr. c. 2), welches jetzt durch Reichsgesetz v. 6. Februar 1875 § 39 auf-
gehoben ist.
III. Die Entstehung der natürlichen V. beruht auf Geschlechtsgemein-
schaft und hat, je nachdem diese eine verschiedene sein kann, auch verschiedene Vor-
aussetzungen und Wirkungen. Die für das Röm. Recht vorhandenen Unterscheidungen,
welche heutzutage nicht sämmtlich mehr in voller Kraft bestehen, sind folgende:
1) Ehe. Vgl. Thl. I. S. 443. Ueber Ehe zur linken Hand vgl. Thl. I.
S. 508, über Putativehe (. diesen Art.
2) Konkubinat. Dies war eine sittliche dauernde Gemeinschaft zwischen
Mann und Weib ohne vollen Eintritt der Frau und Kinder (liberi naturales) in
die Familie des Mannes (T. Dig. 25, 7; C. 5, 26). Sie steht heute jeder un-
ehelichen Geschlechtsverbindung gleich.
3) Contubernium, d. h. die Geschlechtsverbindung zwischen Sklaven unter
einander oder Sklaven und Freien, erzeugte nur jure naturae eine cognatio servilis
(II. 8, 14, 56 D. 23, 2).
4) Stuprum, d. h. die geschlechtliche Gemeinschaft mit einem freien, ledigen
Weibe, vgl. die Art. Alimentationspflicht, Legitimation.
5) Adulterium, f. die Art. Ehebruch und Adulterini.
6) Inzest, s. den Art. Incestuosi.
IV. Beweis der V. Dieser kann der Mutter und deren Verwandten
gegenüber durch den leicht zu erbringenden Beweis der Geburt geführt werden,
faktisch unmöglich erscheint aber ein solcher dem Vater gegenüber. Deshalb stellte
schon das Röm. Recht für die von einer Ehefrau geborenen Kinder, welche frühestens
am 182. und spätestens am 300. Tage nach Eingehung der Ehe geboren sind, die
Vermuthung der Ehelichkeit auf (1. 12 D. 1, 5; I. 5, 1. 3 8§ 11, 12 D. 38, 16).
Diese Vermuthung ist jedoch nicht unwiderleglich; nicht blos der Ehemann, sondern
auch andere betheiligte Personen können gegen dieselbe den Beweis führen, daß das
Kind nicht von diesem gezeugt sein könne, z. B. wegen Abwesenheit beider Ehe-
gatten von einander oder Impotenz des Mannes während der Konzeptionszeit (1. 6
D. 1, 6). Nicht dagegen genügt der Nachweis, daß die Frau auch noch mit anderen
Männern den Beischlaf vollzogen habe (1. 11 § 9 D. 48, 5), ebensowenig läßt