Viehseuchen. 1141
der zur Wandlung Grund gebenden Krankheit verstorben ist (Entsch. d. ROHG. III.
S. 151), auch anderweiter Untergang des Thieres ohne Verschulden des Käufers
nach erfolgter Rücktrittserklärung schließt die Wandelung nicht aus (Striethorst,
Archiv XXIV. S. 83; XXVII. S. 130). Auch wenn nach dem Schlachten das zu
diesem Zweck verkaufte Vieh krank befunden wird, so daß der Kadaver vernichtet
werden muß, bleibt die Wandelung ohne Rückgabe zuständig (Entsch, d. Reichsger.
III. 215; Ztschr. f. d. ges. H.R. XXVI. 270). Betreffend die Erstattung von Futter-
kosten bei der Redhibition fehlerhafter Thiere vgl. Sächs. BSGB. § 928; Urth. d.
Reichsger. vom 3. April 1880 und die dort angeführte Judikatur (Entsch. I. S. 205).
Den den Käufer durch die Krankheit des Thieres betroffezen Schaden (Ansteckung der
übrigen Pferde durch ein rotzkrankes Pferd) hat der Verkäufer nur zu ersetzen, wenn
eine Verschuldung des letzteren (Kenntniß von der Krankheit) erwiesen wird (Entsch.
d. ROG. III. 386).
Lit.: Kraut, Grundriß zu Vorlesl- des Deutschen Hivatrechts, 5. Aufl. S. 261. —
Blunttschli, LDeutiche Privatrecht, 3. Aufl. S. 335. — Beseler, Deutsches Privatrecht,
3. Aufl. 429, 430 Hoffmann, * Verjährung und Wähmzeit bei dem
Verkauf usselser Sachen, insbes. b. Viehhandel u. s. w., Arch. f pr .W. IV. 177. —
Zimmermann, lUeber Währschaft beim Biehhandel, ebenda R. F. VI. 257. — Walter,
Die sog. Hauptmängel beim Pferdehandel u. s. w., ebendas., VIII. 1 f, 113 ff. — Krafft
Un Ztschr. für den landwirth. Verein des Großherzogthums Hessen, 1854, Nr. 9. — Roloff,
Fs- Beurtheilung der Viehhandelsgesetze in der landwirtsch. Zeitschrift für Sachsen. —
Sachsenhauser, Die Lehren von der Nachwährschaft für verkaufte Thiere. — Schimmel-
pfennig, Gewährleistung beim Viehhandel. — Ubbelohde, desgl. — Dickerhoff, Die
übsfem der Währschaftsgesetzgebung im Deutschen Reich bei Kauf und Tausch ven austhiern
ner
Viehsenchen. Das Wort „Seuche“ wird sowol für Krankheiten der Thiere,
wie auch der Menschen gebraucht (Panzootie — Pandemie). Man spricht von einer
V., wenn eine größere Anzahl Thiere an derselben Krankheit aus einer allgemeinen,
spezifischen Ursache gleichzeitig oder in schneller Aufeinanderfolge erkrankt. Es ist
allgemeiner Brauch, die Seuchen den sporadischen Krankheiten gegenüber zu stellen;
es kommt jedoch gar nicht selten der Fall vor, daß eine der Kategorie der Seuchen
unbedingt beizuzählende Krankheit nur als Einzelfall (sporadisch) auftritt, während
andererssits auch eine Krankheit gleichzeitig viele Thiere ergreifen kann und trotzdem
den sporadischen Krankheiten zuzuzählen ist. Im ersteren Falle spricht man von
„sporadischem Auftreten einer Seuche“, im anderen Falle von einer „seuchenartigen
Verbreitung"“ einer sporadischen Krankheit. Eine exakte, den Anforderungen der
Insti und Polizeiverwaltung vollständig genügende Begriffsbestimmung des Wortes
„V.“ ist hiernach unmöglich, weshalb bei gesetzlichen Bestimmungen stets die Krank-
heiten namentlich bezeichnet werden, die zu den Seuchen zählen sollen.
Da die landwirthschaftlichen Haussäugethiere als Privat= und Nationalver-
mögen eine sehr hohe Bedeutung für den Staat haben und andererseits auch einige
Thierseuchen auf den Menschen übergehen und tödtlich verlaufende Krankheit bei
demselben erzeugen können, so waren schon in den verschiedenen Staaten einzelne
Gesetze gegen die Verbreitung von V. erlassen, als die Thierheilkunde noch einen
sehr empirischen Standpunkt einnahm. Mit den Fortschritten der thierärztlichen
Wissenschaft, besonders bezüglich der Ursachen und des Wesens der ansteckenden Thier-
krankheiten und Seuchen, und mit der Entwickelung der Betriebs= und Verkehrsver-
hältnisse fühlten die meisten Europäischen Staaten das Bedürfniß, die Gesetzgebung
bezüglich Abwehr und Unterdrückung von Thierfeuchen entsprechend neu zu regeln.
Einige Deutsche Staaten hatten bis vor kurzer Zeit nur eine durch augen-
blickliche Bedürfnisse in Folge des Ausbruchs einer Seuche hervorgerufene Gesetz-
gebung oder nur einzelne allgemeine Vorschriften, während andere zwar eine um-
fassende Seuchengesetzgebung hatten, die jedoch in lauter Spezialverordnungen über
die einzelnen Krankheiten zerstreut waren. Nur wenige Staaten besaßen eine ein-
heitliche, das Gebiet der Veterinärpolizei umfassende Gesetzgebung.