Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1166 Vollmacht — Vollstreckung der Strafurtheile. 
Erfüllung dieses einstimmigen Wunsches der betheiligten wissenschaftlichen Kreise 
werden alle unsere Einrichtungen und Pläue zur Abwehr der großen Wanderseuchen 
nur den Charakter vorläufiger Nothbehelfe und theilweise sogar nothwendiger Uebel 
an sich tragen. 
Vit.: A. Hirsch, Handbuch der histor. geograph. Pathologie, Erlangen 1860. — L. 
Pappenheim, Handbuch der Sanitätspolizei, 2. Aufl. Berlin 1868. — M. v. Petten- 
kofer, Untersuchungen und Beobachtungen über die Verbreitungsart der Cholera, München 
1855; Derselbe, Ueber den gegenwärtigen Stand der Cholerafrage, München 1873. — 
Macpherson, Annals of Cholera, London 1872. — Prochès-Verbaux de la Con- 
férence Sanitaire Internat. ouverte à Vienne le 1. Juillet 1874, Vienne 1874. — Finkeln- 
burg, Zur Frage der Pestgefahr und ihrer Abwehr, in der Deutschen V.J. Schr. für öffentl. 
Gesundheitspflege, Bd. Xl. Hest 2. — Bericht über die Verhandlungen des 3. internationalen 
Kongresses für Sgieu zu Turin 1880, in der Deutschen V.J. Schr. für öffentl. Gesundheits- 
pflege, Heft 1 XIII. Bd. — C. v. Nägeli, Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu 
den Infektionskrankheiten, München 1877. — Bericht der Cholerakommission für das Deutsche 
Reich, Berlin 1876—79. Finkelnburg. 
Vollmacht, s. Prozeßvollmacht und Mandat. 
Vollstreckung der Strafurtheile. I. Begriff. Von V. kann man in 
einem doppelten Sinne sprechen. Im weiteren Sinne versteht man unter V. die 
Thätigkeit der Behörden, welche dafür sorgen, daß die in dem Urtheile bestimmten 
Nachtheile dem Verurtheilten zugefügt werden. In diesem weiteren Sinne handelt 
es sich also nur um den Betrieb des Strafvollzuges. Im engeren Sinne ist es die 
Thätigkeit der Behörden, welche die Nachtheile selbst zufügen. « 
DichutfchcStrafPQenthältim7.Buche,abgesehenvonwenigenAus- 
nahmen(§§485,486,495),nurVorichriften,welchesichaufdieVollftreckungim 
weiteren Sinne beziehen. Sie. sind jedoch nicht vollständig; es fehlt z. B. eine 
Vorschrift über die Vollstreckung der von dem Reichsgericht erkannten Todes= und 
Freiheitsstrafen. Die erwähnten Vorschriften beziehen sich übrigens nur auf kriminelle 
Strafen, die von den ordentlichen Gerichten in einem Verfahren nach der StrafP O., 
und zwar in einem Urtheil oder was dem Urtheil gleich geachtet wird, verhängt 
sind. Für die Verhängung der Ordnungsstrafen gelten im wesentlichen besondere 
Vorschriften, nur einige der vorher erwähnten (StrafPO. 88§ 487, 495) sind auch 
hier anwendbar. 
Für die Vollstreckung im engeren Sinne finden sich einige Vorschriften im 
Deutschen StrafS B. So lange das Strafvollzugsgesetz für das Deutsche Reich noch 
nicht erlassen ist, und es ist wenig Aussicht, daß dies in nächster Zeit erfolgen 
wird, gelten zur Ergänzung die landesrechtlichen Vorschriften. Die Folge hiervon 
ist, daß die nach dem Deutschen Straf GB. erkannten Freiheitsstrafen im Deutschen 
Reiche in keiner Weise gleich vollstreckt werden. Ueber die Vollstreckung der einzelnen 
Strafen vgl. besonders die Art. Todesstrafe, Zuchthausstrafe, Festungs- 
haft, Gefängnißstrafe, Haft, Geldstrafe und Verweis. 
II. Vollstreckende Behörde. Die Vollstreckung der Urtheile ist Justiz= und 
nicht Verwaltungssache. Dies ist auch die Anschauung des älteren Deutschen Rechts ge- 
wesen, die sich aber nur in einzelnen Deutschen Staaten bis in die Neuzeit hinein erhalten 
hatte. Hiernach hatte das Gericht, welches die Untersuchung geführt, Alles zu thun, 
was zur Vollstreckung des Urtheils erforderlich war. Im Gegensatz zu dieser An- 
schauung hält die Französische, der die meisten Deutschen Strafprozeßgesetze gefolgt 
sind, daran fest, daß die richterliche Thätigkeit „von allen außerhalb der Sphäre 
der Rechtsprechung liegenden Geschäften möglichst frei zu halten“ sei, sieht dieselbe 
mit der Verkündung der Urtheile als beendigt an und überträgt der Staatsanwalt- 
schaft die Vollstreckung. Wenn man zur Rechtfertigung dieser Anschauung sich noch 
darauf beruft, daß zu den Erfordernissen einer guten Strafrechtspflege eine schnelle 
und energische Vollstreckung der erkannten Strafen gehöre und diese nur von einer 
Einzelperson ausgehen könne, so spricht dies doch nur gegen eine kollegialische 
richterliche Vollstreckungsbehörde. Es mag sein, daß, wie Binding (Grundriß,
	        
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