832 Sühneversuch.
steht oder die Erfolglosigkeit mit Bestimmtheit vorauszusehen ist, — Voraussetzungen,
über deren Vorhandensein der Vorsitzende des Prozeßgerichtes ohne vorgängiges Gehör
des Beklagten zu entscheiden hat.
Ueber ein dem Sühneversuch ähnliches Verfahren vgl. Gew. O. § 120 a und die Art.
Einigungsämter und Gewerbegerichte. P. Hinschius.
Sühneversuch (strafproz.). I. Nach § 420 der Deutschen StrafPO. soll
wegen Beleidigungen, die nur auf Antrag zu verfolgen sind, um die Zahl der
Klagen möglichst zu vermindern, die Erhebung der Klage erst zulässig sein, nachdem
von einer durch die Landesjustizverwaltung zu bezeichnenden Vergleichsbehörde die
Sühne erfolglos versucht worden ist. Diese Bestimmung ist jedoch nur anwendbar,
wenn die Parteien in demselben Gemeindebezirke wohnen. Eine Sühne-
verhandlung ist nicht vorgeschrieben, aber an sich nicht unzulässig, wenn die Be-
leidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mit-
glied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen
sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf, begangen ist (Straf#G B. § 196). Im
Falle der wechselseitigen Beleidigung (StrafG# B. 9§§ 198, 199), wenn die angeklagte
Partei eine ihr zugefügte Beleidigung durch Widerklage (Straf O. § 428) oder
nur zu ihrer Vertheidigung geltend macht, ist ein S. nicht erforderlich.
II. In Ansehung der Vergleichsbehörde ist den Bundesstaaten volle
Freiheit gelassen, die Bestellung der Amtsrichter in keiner Weise ausgeschlossen; vgl.
d. Art. Schiedsmänner und bef. Jahrbuch der Deutschen Gerichtsverfassung
(1880) S. 357 ff.
III. Der Antrag auf Vornahme einer Sühneverhandlung ist bei der zuständigen
Vergleichsbehörde zu stellen. Zuständig ist diejenige, in deren Bezirke der Beschuldigte
wohnt. Praktisch wird dies besonders in den Fällen, wenn für einen Gemeinde-
bezirk mehrere Vergleichsbehörden bestellt sind. Die von der unzuständigen Ver-
gleichsbehörde ausgestellte Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des S. hat keine
Bedeutung, dagegen behält ein vor einer unzuständigen Vergleichsbehörde auf-
genommener Vergleich seine Gültigkeit. — Der Antrag ist von Demjenigen zu
stellen, welcher selbständig zur Stellung des Antrages auf Strafverfolgung berechtigt
ist. In den Fällen der mehrfachen Berechtigung (Straf GB. §§ 61, 65, 195, 196,
2832 Abs. 3) gilt ein abgeschlossener Vergleich nur für Diejenigen, welche ihn ab-
geschlossen haben.
Durch den Antrag auf Vornahme einer Sühneverhandlung wird die dreimonat-
liche Antragsfrist nicht gewahrt. Der Berechtigte muß daher den obigen Antrag
so zeitig stellen, daß er nach erfolgloser Sühneverhandlung noch innerhalb der drei-
monatlichen Antragsfrist die Klage erheben kann; anderer Meinung v. Schwarze,
Erörterungen, Heft 1 (1880) S. 45 ff., der die Klage in einem solchen Falle
innerhalb der Verjährungsfrist gestatten will.
Zu dem von der Vergleichsbehörde anberaumten Termin sind beide Parteien
zu laden. Ueber die Form der Ladung bestimmt die Straf PO. nichts. Nach der
Preuß. Schiedsmannsordnung § 37 foll sie durch den Schiedsmann oder in anderer
zuverlässiger Weise erfolgen. Die Parteien können sich nicht vertreten lassen, sondern
müssen persönlich erscheinen, doch besteht kein Zwang zum Erscheinen. Erscheint der
Antragsteller in dem Termine nicht, so bleibt die Sache auf sich beruhen; er-
scheint der Beschuldigte nicht, so wird angenommen, daß er sich auf die Sühne-
verhandlung nicht einlassen wolle. Ueber den Fall, wenn der Beschuldigte die
Einrede der Unzuständigkeit der Vergleichsbehörde geltend macht, vgl. Scherer,
S. 341 ff.
Ueber die Sühneverhandlung wird ein Protokoll ausgenommen. In der Regel
wird, wenn dieselbe zu einem Vergleiche führt, in diesem festgesetzt, daß der Be-
schuldigte eine bestimmte Summe an die Armen zu zahlen habe. Es steht aber