1178 Vormundschaft.
Gentilen berufen. Ebenso stand nach Analogie des Patronats dem parens manu-
missor die V. über das emanzipirte Kind zu, welche nach seinem Tode auf seine
sui filül überging (tutela fiduciaria). Seit Nov. 118 c. 5 sind noch die Kognaten
hinzugekommen. Die tutela legitima tritt ferner ein, wenn die testamentarische
Ernennung ungültig ist, bzw. durch Eintritt der Bedingung oder Befristung es
wird, sowie wenn der letztwillig ernannte Vormund stirbt. Die Preuß. V. Ordn.
stellt außer der sub a erwähnten in die Reihe der gesetzlich Berufenen noch den
Adoptivvater, Mutter und Großvater (§ 17), in eine tutela fiduciaria verwandelt
sich das bisherige Gewaltsverhältniß bei Verheirathung, getrennter Haushaltung oder
Entlassung des Kindes, welches die Rechte eines Großjährigen nicht erhält (6 12
Abs. 1). Eine tutela pactitia giebt es nicht.
c) Obrigkeitliche Bestellung. Die 1l. Atilia (vermuthlich im Jahre
443 oder 460 der Stadt) verordnete, daß einem Pupillen, der weder einen testamen-
tarischen noch gesetzlichen Vormund hatte, ein solcher durch den praetor urbanns
und die Mehrzahl der Volkstribunen gegeben werden sollte. In den Provinzen
übte seit der 1. Julia et Titia (526 7] d. St.) der Provinzialstatthalter dies
Recht. In der Kaiserzeit lag die Pflicht theils besonders bestimmten Beamten
(praetor tutelaris), theils den höheren Magistraten (praefectus vigilum, praetor,
praeses provinciae) ob und ging endlich unter Justinian auf die Stadtbehörde
über. Heutzutage sind die Gerichte erster Instanz dazu berufen. Die Ernennung
muß eine unbedingte sein (actus legitimus). Gewisse untere Behörden, im Franzöf.
Recht die Bürgermeister, in Preußen der Waisenrath (s. diesen Art.), sollen der
Ober-V.sbehöde den Bedürfnißfall anzeigen und Vormünder in Vorschlag bringen
(pretere tutorem), das Gleiche liegt bei Verlust ihres gesetzlichen Erbrechts den In-
testaterben der Pupillen ob. Die tutela dativa tritt ferner bei Ablehnung, Un-
tauglichkeit und Absetzung des testamentarischen Vormundes ein. Nach der Preuß.
V. Ordn. sollen geeignete Verwandte und Verschwägerte des Mündels zunächst be-
rücksichtigt werden (§ 19).
5) Vormundschaftliche Verwaltung.
a) Sorge für Erziehung und Unterhalt. (Tit. Dig. 27, 2; Cod. 5, 49;
50 —). Der Vormund ist zwar weder verpflichtet, den Mündel zu ernähren, noch
zu erziehen, doch soll er überwachen, daß Beides in angemessener Weise geschehe.
Bei der Erziehung entscheidet das freie Ermessen der Obervormundschaftsbehörde,
doch soll der Wille des Vaters in Rücksicht gezogen, auch können Ascendenten und
andere Blutsverwandte im Nothfalle zur Erziehung gezwungen werden. Der Vor-
mund hat die zur Ernährung bestimmten Gelder bereit zu halten. Nach der Preuß.
V. Ordn. hat die Mutter ein vorzugsweises Recht auf Erziehung, das sie auch nicht
durch eine zweite Ehe verliert, welches ihr aber aus erheblichen Gründen nach An-
hörung des Vormundes und Waifenraths durch den Vormundschaftsrichter entzogen
werden kann. Im Uebrigen gebührt dem Vormund die Erziehung und die Wahl
des Berufs (§ 28), die Wahl der Religion steht mit dem 14. Jahre dem Mündel
selbst zu (Allg. LR. II. 5 § 84), sonst sollen Kinder auch bei gemischten Ehen in
der Religion des Vaters erzogen werden, wenn dieser es nicht anders bestimmt hat
(Deklar. vom 21. Nov. 1803; Kab. Ord. vom 17. Aug. 1825 (für die westlichen
Provinzenl).
b) Sorge für das Vermögen (s. d. Art. Mündelgut).
c) Insbesondere die Vertretung des Mündels durch den Vor-
mund. Ist der Mündel völlig handlungsunfähig, so führt der Vormund die Ver-
waltung allein. Minderjährige konnten im Röm. Recht selbständig handeln, voraus-
gesetzt, daß der Vormund gegenwärtig seine Genehmigung ertheilte (auctoritatis
interpositio); heutzutage genügt nach richtiger Meinung jeder irgendwie erklärte
Konsens. Tritt der Vormund allein auf, so gingen die Wirkungen dieses Handelns
schon im Justin. Recht direkt auf die Person des Mündels über. Wie weit dieser