Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Vormundschaft. 1179 
durch allein vorgenommene Rechtsgeschäfte verpflichtet wird, ist streitig. Nach Preuß. 
Recht ist der Mündel handlungsunfähig, seine Geschäfte sind unwirksam; andererseits 
ist ihm durch das Gesetz vom 12. Juli 1875 wegen der von dem Vormund ab- 
geschlossenen Geschäfte im Interesse der Rechtssicherheit die Wiedereinsetzung in den 
vorigen Stand entzogen. 
d) Veräußerungsbeschränkungen (s. d. Art. Mündelgut). 
e) Verwaltung mehrerer Vormünder (Tit. C. 5, 22). Die Be- 
rufung mehrerer Personen zur V. ist heute allgemein zulässig, sie hat nur Einfluß 
auf die Art der Verwaltung, welche nach Ermessen der Behörde entweder eine 
gemeinsame oder eine getheilte sein, oder nur durch Einen geschehen kann. Im 
ersten Fall ist jeder Vormund in gleicher Weise berechtigt und verpflichtet; bei 
Widerspruch gilt, wie im Staatsrecht, der Grundsatz: pari imperio majus est vetantis. 
Ihre Haftung dem Mündel gegenüber ist eine solidarische und nur durch das benef. 
divisionis, excussionis und cedendarum actionum gemildert. Die Theilung der 
Verwaltung geschieht entweder nach geographischen Bezirken (per regiones) oder nach 
Geschäftskreisen (per partes). In seinem Kreise haftet der Verwaltende (gerens) 
zunächst, die Uebrigen (honorarü) nur für die Beaussichtigung desselben. Dasselbe 
Rechtsverhältniß findet statt, wenn nur Einem allein die Verwaltung übertragen ist. 
Zu den tutores honorarü gehört auch der tutor notitiae causa datus (I. 14 88 1—6 
D. 46, 3; 1. 32 § 1 D. 26, 2; 1. 1 C. 5, 38). — Es können aber auch getrennte 
V. eingerichtet und ein Spezialvormund zur Vornahme eines bestimmten Geschäftes 
ernannt werden (I. 21 8§ 2—4 D. 27, 1; 1. 3 C. 5, 44). Nach Preuß. V. Ordn. 
wird als gesetzlicher Vormund immer nur Eine Person berufen (88 12, 13, 17), 
auch die tutela dativa soll nur Einem übertragen werden (§ 19 Abs. 8). Mit- 
vormünder werden also am meisten durch letztwillige Verfügung bestellt werden; sie 
verwalten in der Regel — wenn ihnen nicht einzelne Gebiete besonders zugetheilt 
sind — gemeinschaftlich und es entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten die Mehr- 
heit, eventuell das V. gericht (§ 30). Die Einrede der Theilung ist ausgeschlossen (§ 32). 
Ueber den Gegenvormund f(.. diesen Art. # 
6) Beendigung der V. (Tit. Inst. 1, 22; C. 5, 60.) Sie tritt ein: 
a) wenn Vormund oder Mündel stirbt; b) wenn dieser großjährig oder für groß- 
jährig erklärt wird oder sich an Kindesstatt annehmen läßt; c) wenn die Bedingung 
oder Befristung sich geltend macht, unter welchen die Berufung erfolgte; d) wenn 
die bestimmten Gründe eintreten, welche den Vormund zur Niederlegung seines 
Amtes berechtigten (sog. excusatio superveniens, s. d. Art. Ausschließungs- 
gründe von der V.); e) wenn der Vormund entfernt wird (s. d. Art. Remo- 
tion). Vgl. Preuß. V. Ordn. 8§ 61 ff., 84. 
7) Obligationen aus der vormundschaftlichen Verwaltung. 
(Tit D. 27, 3; C. 5, 38, 51.) Dieselben haben ihren Grund in der Geschäfts- 
führung des Vormundes und werden deshalb von den Römern zu den obl. quasi er 
contractu gezählt (s. d. Art. QOuasikontrakte). Der Vormund haftet daher mit 
der actio tutelae directa auf Rechnungslegung, Erfüllung seiner Obliegenheiten und 
Aushändigung des Saldo. Sie ist im weitesten Sinne eine bon. üfid. actio und 
kann erst nach beendigter V. angestellt werden. Hat der Vormund aus dem Mündel- 
vermögen etwas bei Seite gebracht und unterschlagen, so haftet er schon nach den 
XII Tafeln mit der actio de rationibus distrahendis auf das Doppelte. Beide 
Klagen sind infamirend und activ vererblich. Der Mündel selbst kann nach erreichter 
Großjährigkeit den Vormund von seiner Haft befreien, vorher kann das nur vom 
Erblasser mit der Maßgabe geschehen, daß er für eine culpa levis nicht verantwortlich 
gemacht wird (tutor aneclogistus, der in den neueren Partikularrechten größere 
Freiheiten genießt). Zur besseren Sicherheit seiner Ansprüche ist dem Mündel ein 
gesetzliches Pfandrecht an dem ganzen Vermögen des Vormundes gegeben. Nach 
Preuß. V. Ordn. kann der Vormund von Legung der Schlußrechnung nicht befreit
	        
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