1230 Waldeck — Waldgenossenschaften.
Waldeck, Benedikt Franz Leo, 5 31. VII. 1802 zu Münster, studirte
1819—1822 in Göttingen, 1832 Rath in Mlotho, 1886 Oberlandesgerichtsrath in
Hamm, 1846 Obertribunalsrath in Berlin, 1849 einige Zeit verhaftet, bis sich die
erhobenen Anschuldigungen als Gewebe von Fälschungen enthüllten, seit 1860 in
der Ktammer in den ersten Reihen der Opposition, legte am 26. V. 1869 sein
Mandat zum Preuß. Abgeordnetenhause und zum Nordd. Reichstage nieder, schied
25. I. 1870 aus dem OTrib., k 12. V. 1870 zu Berlin.
Schriften: Ueber das bäueriiche Erbfolgerecht in Westfalen, Arnsb. 1841. — Ueber die
Art des Votirens bei Erlassun 8 der Erkenntnisse, Berl. 1843. — Das Prozeßgesetz vom Jahre
8. Werl. 1845. — Die Nichtigkeitsbeschwerde als alleiniges Rechtsmittel Hochster Instanz,
er
Lit.: Zacharias, W.'s Leben, Thätigkeit und Charakter, Berl. 1849. — W.'s Leben
und Prozeß bis zu seiner Freisprechung, Bresl. 1849. — Steinitz, W. und die Militärfrage,
(2) Berl. 1863. — Eberty, W. ein Lebensbild, Berl. 1869. — Oppenheim, Benedikt
ranz Leo W., Berl. 1874. — Klüpfel, Geschichte der Deutschen Guheitebehrehungen
Bd. 2 (Berl. 183) S. 182. — Sonnenschmidt, Geschichte des kgl. OTrib., Berl. 187
S. 292, 442 u½ Teichmann.
Waldgenossenschaften. I. Geschichtliches. In den Anfängen der Deutschen
Staats= und Rechtsgeschichte überwiegt die genossenschaftliche Form der Waldnutzung.
Die im Verhältniß zu Feld und Wiese und zu der geringen Bevölkerung überreichlich
vorhandenen Waldungen bilden einen Hauptbestandtheil der gemeinen Mark, welche
von den Angehörigen der Markgenossenschaft, sowol was Holz als Weide, als, was
sonstige Gebrauchsarten angeht, ungetheilt genutzt wird. Dabei galt in der Regel
der Grundsatz, daß allen mit einer freien Hufe in der Gemarkung angesessenen
Besitzern, und später, als sich mit der geänderten Heeresverfassung die Zahl der Freien
fortwährend minderte, auch den mit abgeleitetem Eigenthum angesessenen Gemarkungs-
genossen ein Nutzungsrecht am Markwalde zustehe. Die Beschlußfassung und Ver—
waltung in Angelegenheiten des Genossenschaftswaldes stand den Organen der
Genossenschaft, insbesondere der periodisch zur Thätigung und zu sonstigen Beschlüssen
zusammentretenden Genossenschaftsversammlung und dem Markvorsteher (Obermärker,
Holzgrafen) zu, dessen Amt sich nicht selten mit dem Besitz eines größeren Guts in
dingliche Verbindung setzte. Die Antheile der einzelnen Genossen an den Nutzungen
des Markwalds bestimmen sich nach alten Genossenschaftsbeschlüssen, Weisthümern
und Herkommen, meist derart, daß sie sich nach dem Bedürfniß des berechtigenden
Guts abstufen. Das Rechtsverhältniß der Genossenschaft am Markwald wird als
Gesammteigenthum bezeichnet, wodurch ausgedrückt wird, daß der Wald zwar einer-
seits der Gesammtpersönlichkeit der Markgenossenschaft zu eigen gehöre, andererseits
aber den einzelnen Mitgliedern ein dem Eigenthum ähnliches dingliches Recht am
ungetheilten Walde zustehe. Durch verschiedene Einflüsse sind diese namentlich im
südlichen und westlichen Deutschland, selten in den eroberten slavischen Provinzen
bestehenden genossenschaftlichen Verhältnisse des Markwaldes zersetzt und entweder
in Alleineigenthum Einzelner oder in korporatives Eigenthum oder in Römischrecht-
liches Miteigenthum übergeführt worden. Vor Allem erwarben mit der Hebung der
landwirthschaftlichen Kultur schon seit der Karolingischen Zeit die Grundherrschaften,
die Territorialherren und die kirchlichen Korporationen einen beträchtlichen Theil der
Markwaldungen zu ausschließlichem Eigenthum, indem sie für Herbeiführung dieses
Uebergangs theils ihre wirthschaftliche Ueberlegenheit, theils die ihnen als Inhaber
der Grafengewalt oder der Territorialherrschaft oder als Markvorsteher zustehenden.
öffentlich-rechtlichen Befugnisse ausnützten, und indem auch die bäuerlichen Mitglieder
der Markgenossenschaft es vielfach als vortheilhaft erachteten, gegen Gewährung äußeren
Schutzes oder wirthschaftlicher Förderung und gegen Befreiung vom lästigen Heeres-
dienst den Markwald unter Vorbehalt bestimmter Nutzungen an die Grundherrschaften
zu übertragen. Diese Entwickelung fand im Wesentlichen ihren Abschluß im 16.
Jahrh. mit der Einführung des Röm. Rechts, welches durchgängig eine schärfere