1232 Waldgenossenschaften.
Waldgebiets vereinigt sind und zwar derart, daß diese Vereinigung nicht durch
den bloßen Willen eines Theilhabers, sondern nur unter bestimmten gesetzlichen oder
satzungsgemäßen Voraussetzungen gelöst werden kann. Nicht als ein Verhältniß der
W. ist es daher zu betrachten, wenn das Eigenthum des Walds der politischen
Gemeinde als solcher gehört; hier ist eine Mehrheit von Waldbesitzern mit einer
besonderen für die Waldwirthschaft und den Waldschutz eingerichteten Organisation
nicht vorhanden; sondern die Gemeindepersönlichkeit allein ist Eigenthümerin und
verwaltet den Wald durch die nach der Gemeindeverfassung zuständigen Organe in
der Regel unter weitgreifender Aufsicht der Staatsbehörden. Und auch wo die
Gemeindeangehörigen oder gewisse Klassen derselben, sei es kraft dinglichen Rechts
oder kraft der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft als Gemeindebürger einen Anspruch
auf Nutzungen im Gemeindewald haben, bilden die Nutzungsberechtigten keine kor-
porativ gestaltete, mit Wirthschaftsbefugnissen und besonderen Organen ausgerüstete
W. — Ebensowenig ist das Vorhandensein einer W. anzunehmen, wo der Wald
im ungetheilten Eigenthum mehrerer Personen steht. Für dieses Miteigenthum
am ungetheilten Wald gelten im Allgemeinen die aus dem Röm. Recht entnommenen
Rechtsgrundsätze des Civilrechts; demnach ist für jede in die Bewirthschaftung und
Nutzung des Waldes eingreifende Handlung der übereinstimmende Beschluß sämmt-
licher Miteigenthümer nöthig, die Verwaltung des Waldes, die Verfügung über den
Betriebsplan, über Kulturänderungen kann nur im beständigen Einvernehmen sämmt-
licher Miteigenthümer erfolgen, der einzelne Miteigenthümer kann jederzeit die Thei-
lung des gemeinschaftlichen Waldes und, soweit eine solche aus Gründen des Privat-
rechts oder öffentlichen Rechts nicht zulässig sein sollte, die Versteigerung desselben
verlangen. Es ist daher bei dem Rechtsverhältnisse des Miteigenthums keinerlei
Gewähr für einen dauernden Bestand der Gemeinschaft und für eine planmäßige
Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten durch geeignete Organe gegeben. Diese
Römischrechtlichen Grundsätze passen übrigens nur auf die wenigen Fälle, wo das
Miteigenthum am Walde durch besondere privatrechtliche Rechtsvorgänge, z. B. durch
gemeinsamen Kauf, Schenkung, Erbtheilung, entstanden ist, nicht aber auf die nach
Zahl und Wichtigkeit weit mehr in Betracht kommenden Verhältnisse, wo das Mit-
eigenthum am gemeinschaftlichen Walde sich in Folge der oben dargestellten Ent-
wickelung aus den Zuständen der Markgenossenschaft und der am Herrschaftswald
früher bestehenden gemeinen Nutzungen herausgebildet hat. Bei den Gemeinschafts-
waldungen der letzteren Art, welche neuerdings meist mit dem Ausdruck: gemeine
Holzungen zusammengefaßt werden, hat sich die Idee der Waldgenossenschaft noch
in verschiedenen Beziehungen erhalten, indem für die Wirthschafts= und Nutzungs-
handlungen nicht der Römischrechtliche Grundsatz der Stimmeneinhelligkeit, sondern
das dem Genossenschaftsverhältniß eigene Prinzip des Beschlusses nach Stimmenmehr-
heit zur Anwendung kommt, indem ferner nicht selten auf Grund des Herkommens
oder statutarischer Bestimmungen ein gemeinschaftliches Organ zur Verwaltung und
Nutzung der gemeinen Holzung bestellt ist und indem endlich auch die freie Theil-
barkeit des Genossenschaftswaldes manchmal satzungsgemäß oder gesetzlich beschränkt
ist, Beschränkungen, wie sie in freilich nicht genügender Weise durch die Preuß. Ge-
meinheitstheilungsordnung vom 7. Juni 1821 und durch den Art. 20 des Bayr.
Forstgesetzes für solche Miteigenthumswaldungen eingeführt wurden. Der Umstand,
daß diese gemeinen Holzungen hinsichtlich der Bewirthschaftung und der Verfügung
über Betriebs= und Kulturart einer weiteren forstwirthschaftspolizeilichen Aufsicht,
als die im Eigenthum Einzelner stehenden Privatwaldungen, nicht unterworfen waren,
hat namentlich in den Staaten, wo — wie z. B. in den meisten Preußischen Pro-
vinzen — die Bewirthschaftung der Privatwaldungen vollständig freigegeben war, all-
mählich die Parzellirung und Devastirung ausgedehnter Flächen herbeigeführt, welche
sich meist als absoluten Waldboden kennzeichnen und deren Erhaltung und nach-
haltige Bewirthschaftung als Wald im Interesse der Landeskultur geboten ist.