Syndikatsklage. 839
§ 36, A. 14. Sodann wird unter S. auch die Anstellungsurkunde verstanden,
durch welche sich jener Beamte zum Prozeß legitimirt. Ueber die Formen derselben
enthalten die Landesgesetze vielfach besondere Bestimmungen. Bayer, Vorträge,
8§ 112. Bgl. auch das Preuß. Gefs., betr. die Landgemeinde-Verfassungen in den
sechs östlichen Provinzen, vom 14. April 1856, § 10, Nr. 3. Nachdem indessen
durch die RPO. der Anwaltszwang eingeführt ist, werden die Korporationen regel-
mäßig ebenso wie Privatpersonen durch Anwälte im Prozeß vertreten, für deren
Bevollmächtigung die allgemeinen Regeln (CPO. 8§ 74 ff.) gelten. Eck.
Syndikatsklage heißt nach Gemeinem Recht die Klage, durch welche der
durch eine ungerechte Amtshandlung eines richterlichen oder nichtrichterlichen Beamten
Geschädigte von diesem Beamten Schadensersatz fordern kann, sofern derselbe arglistig
oder mit grober Fahrlässigkeit gehandelt hat. Nach Römischem Recht ging die
Klage nur gegen den juder, qui litem suam fecit, und zwar nur auf die litis
aestimatio, die Prozeßsumme; sie gehörte zu den Klagen aus den Ouasidelikten.
Die älteren Deutschen RGef., insbesondere die RKGO. von 1555 und der Inl.
von 1654 bestätigen die S. ausdrücklich und geben der Partei die Macht, „die
Urtheiler, so angezeigter Gestalt gehandelt (ex aflectu, nicht ex justitia geurtheilt),
ad Syndicatum zu stellen"“. Der Name S. rührt aus dem JItalienischen Statutar-
recht her, wo syndici die Beamten hießen, welche über den judices und magistratus
standen. Kontrovers ist, ob die S. nur bei dolus oder bei dolus und lata culpa
oder sogar auch bei culpa levis Platz greife. Das Gemeine Recht nennt als Voraus-
setzungen dolus und imprudentia, wonach meines Erachtens eine Beschränkung auf
den dolus als ungerechtfertigt erscheint; andererseits verweist die KGO. bei „Ver-
sehen, Unfleiß, Unwissenheit oder Irrsal der Richter“ auf die ordentlichen Rechts-
mittel, so daß das andere Extrem ebenso auszuschließen ist, und man zu der oben
vertretenen Mittelmeinung kommt, welche in der allgemeinen Gleichstellung von
dolus und lata culpa eine weitere Stütze findet. Ferner ist streitig, ob die S. nur
ein subsidiärer Rechtsbehelf sei, d. h. erst dann eintrete, wenn die Rechtsmittel
gegen das ungerechte Urtheil oder die beschwerende Verfügung angewendet worden.
Die Subsidiarität der S. ist nirgends ausgesprochen, höchstens ist in der KeSO.
(§ 10) dem Verletzten die Alternative zwischen den beiden Wegen gegeben; aus
allgemeinen Grundsätzen folgt indessen, daß die S. sofort angestellt werden kann,
sobald ein Schaden entstanden ist, also mit der Verkündung des ungerechten Urtheils,
wie denn auch ein bestätigendes Urtheil höherer Instanz den Unterrichter, der dolos
oder in grober Fahrlässigkeit gehandelt hat, nicht von seiner Haftung befreien könnte,
sondern eventuell nur den Oberrichter gleichfalls verbindlich machen würde.
Die Praxis hat die S. von der eigentlichen richterlichen Thätigkeit auf die
Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit (nach Analogie der Klage gegen die Ober-
vormundschaftsbehörde) und weiter auf die Amtshandlungen der nichtrichterlichen Be-
amten ausgedehnt und gewährt immer den vollen Schadensersatz. Ist die schädigende
Handlung von einem Beamtenkollegium ausgegangen, so haften nach der richtigen
Ansicht die sämmtlichen Mitglieder des Kollegiums solidarisch; es wird indessen
mehreren gleich Schuldigen die exceptio divisionis und den ganz Unschuldigen die
exceptio excussionis oder doch ein Regreß an die Schuldigen nicht zu verfagen sein.
Die Erben des Beamten haften nach der generellen Regel nur bis zum Betrage
der Bereicherung. Inwiefern der muthwillige Ansteller der S. sich eine Bestrafung
zuzieht, bestimmt sich bei dem jetzigen Wegfall der Succumbenzstrafen hier nach
§ 164 des Straf GB. (Falsche Anschuldigung — „Verletzung einer Amtspflicht“.)
Die Frage, inwieweit der Staat selbst für die Amtshandlungen seiner Beamten
aufzukommen habe, gehört zu den interessantesten staatsrechtlichen Kontroversen, ist
aber hier nicht mit zu behandeln, da die betreffende Klage gegen den Staat nicht
S. genannt wird. Im Uebrigen vgl. darüber Windscheid, Pandekten, § 470,