Wasserbenutzung. 1253
bb) Das Recht, zum Zweck einer Be= oder Entwässerungsanlage das Wasser
über fremde Grundstücke oder unter Mitbenutzung fremder Leitungen zu= oder abzu-
leiten. Dieses Recht greift in der Regel nur Platz, wo ein überwiegendes Interesse
der Landeskultur vorliegt, so nach dem Preuß. Vorfluthedikt vom 15. Nov. 1811,
Preuß. Gesetz von 1843 § 25, Bayer. Wassergesetz Art. 89 ff., Bad. Wassergesetz
Art. 12, manchmal übrigens auch lediglich im Privatinteresse des Unternehmers
einer Be= oder Entwässerungsanlage, z. B. nach dem Französ. Gesetz vom 29. April
1845; zu Gunsten der Entwässerung war die Ableitungsbefugniß früher meist auf
die Fälle beschränkt, wo offene Ableitungsgräben hergestellt werden sollten; nach-
dem sich die Entwässerung durch verdeckte Röhren — die Drainage — neuerdings
ungemein entwickelt hat, wurde meist auch zur Anbringung von unterirdischen Drain-
röhren ein Zwangsrecht ertheilt (Preuß. Gesetz vom 11. Mai 1853; Französ.
Gesetz vom 10. Juni 1854; Bayer. Gesetz vom 15. April 1875).
cc) Das Recht, fremde Stauanlagen für andere W ianstalten mitzugebrauchen, wird
nach manchen Gesetzen zugestanden, sofern die Mitbenutzung des Wasserstaues für die
Bewässerung von Grundstücken oder die Bewegung eines Triebwerkes von Vortheil
ist und der Besitzer der Stauanlage in der eigenen Wassernutzung durch den Mitgebrauch
keinen Schaden erleidet; wer auf eine solche Mitbenutzung Anspruch erhebt, hat
natürlich einen entsprechenden Theil der Kosten für Herstellung und Unterhaltung
der Stauanlage zu tragen (vgl. Sachs. Altenb. Gesetz § 83; Bad. Wassergesetz Art. 11).
dd) Das Recht, das einem Anderen kraft Privatrechts zur ausschließlichen Be-
nutzung oder zu Eigenthum gehörige fließende Wasser für eine Benutzungsanlage in
Anspruch zu nehmen, sofern dasselbe von dem zunächst Berechtigten nicht benutzt
wird (Bayer. Wassergesetz Art. 62 ff.; Sachs. Altenb. Gesetz § 16; Bad. Wassergesetz
Art. 14 ff.); diese Zwangsbefugniß greift aber nur Platz, wenn das nicht benutzte
Wasser für einen Benutzungszweck in Anspruch genommen wird, der einen über-
wiegenden landwirthschaftlichen oder industriellen Nutzen darbietet; auch ist dem
Berechtigten der Werth der ihm entzogenen Wasserkraft zu ersetzen und, ehe die
Entziehung durch die Verwaltungsbehörde ausgesprochen wird, eine Frist zu geben,
innerhalb deren er die Entziehung dadurch abwenden kann, daß er das Wasser für
eine eigene Anlage in Benutzung nimmt. — Nicht selten ist unter den gleichen
Voraussetzungen auch die Befugniß gegeben, die äußeren Anlagen eines fremden
Wasserwerks (Zu= und Ableitungs-, Stauanlagen) unter Entschädigung des Besitzers
zum Zweck der Erzielung eines Wasserüberschusses abzuändern, sofern in Folge der
mangelhaften Einrichtung dieser Anlagen eine Wasserverschwendung verursacht wird.
So im Preuß. Gesetz von 1843 § 37, Bad. Wassergesetz von 1876 Art 15.
ee) Der Unternehmer einer Bewässerungss oder Entwässerungsanlage,
welche einem überwiegenden Nutzen der Landeskultur dient, kann gegenüber anderen
Besitzern von Grundstücken und Anlagen, sowie gegenüber anderen Wassernutzungs-
berechtigten im Zwangswege alle jene Abtretungen und dinglichen Belastungen in
Anspruch nehmen, welche zur planmäßigen und zweckentsprechenden Ausführung und
Instandhaltung der Anlage erforderlich sind; natürlich nur nach vorausgegangener
iung des Planes und der thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse durch die
Verwaltungsbehörde, nur gegen vollständige Entschädigung für alle Nachtheile und
unter Vorbehalt bestimmter Anlagen, Gebäude, Hofräume, bezüglich deren eine solche
Zwangsbefugniß nicht stattfindet. So nach Sachs. Altenb. Gesetz §§ 96. 113 ff.;
Bad. Wassergesetz Art. 12.
ff) Endlich gehört hierher die einer Mehrheit von Besitzern zustehende Befugniß,
die betheiligte Minderheit im Verwaltungswege zur Theilnahme an genossenschaft-
lichen W.unternehmungen zu zwingen. Vgl. d. Art. Wassergenossenschaften.
d) Regelung der W. im Verwaltungswege. In einer Anzahl von
Fällen ist den Verwaltungsbehörden die Befugniß eingeräumt, die Benutzung von
Gewässern und ihres Bettes für bestimmte Zwecke, auch wenn es sich nicht um eine
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