Wechseleinreden. 1279
Wie der Aussteller, haftet auch der Avalist (sog. Wechselbürge), welcher seine
Unterschrift unter die des Ausstellers gesetzt, den Wechsel per aval gezeichnet hat. —
Ueber das zwischen dem W. und dem Bezogenen bestehende Verhältniß f. unter den
Art. Deckung und Deckungsgeschäft. Ueber das zwischen dem W. und dem
Nehmer Sumei materielle und civilrechtliche Verhältniß, den Wechselschluß, s. den
Art. Wechsel.
Lit.: O. v. Wächter, Encyklop. d. W.R. unter „Be cbung (S. 120 ff.). — Thöl,
H. R., Bd. I., W.R., 4. Aufl., §§ 54 ff. — Kuntze, Beussches R., § 29 S. 81 ff.
Gareis.
Wechseleinreden, Einreden, welche gegenüber einem wechselmäßigen Anspruche
seitens eines wirklich oder scheinbar aus dem Wechsel Verpflichteten zum Zwecke
gänzlicher oder theil= oder zeitweiser Befreiung geltend gemacht werden können, ent-
springen entweder dem Prozeßrechte, einschließlich dem Wechselprozeßrechte, oder dem
materiellen (d. i. Civil-) Rechte einschließlich dem materiellen Wechselrechte; der
Begriff der Einrede ist zunächst so zu fassen, wie im übrigen Rechte, auch kann
zwischen verzögerlichen (dilatorischen) und zerstörlichen (peremptorischen) Einreden wie
sonst unterschieden werden. Allein das Einrederecht ist wechselrechtlich beschränkt;
als Grund dieser Beschränkung wird die sog. Wechselstrenge, der rigor cambialis,
angesehen, und der letztere Begriff wird sowol als prozessuale, wie als materielle
Wechselstrenge verstanden. Die materielle Wechselstrenge wird in der Gültigkeit des
einen Summemnversprechens, welches zum inneren Wesen des Wechsels gehört, gesehen,
insbesondere darin, daß die Verpflichtung des Wechselschuldners losgelöst von jedem
materiellen Schuldgrunde, folglich unabhängig ist von allen dem Summenversprechen
unterliegenden Verhältnissen.
Von dieser materiellen Wechselstrenge ist zu sagen: einerseits besteht sie — in
der behaupteten Ausdehnung und Eigenthümlichkeit — überhaupt nicht, andererseits
ist sie dem Wechsel nicht eigenthümlich; sie besteht nämlich nicht, insofern der
Schuldner gegen den Gläubiger alle aus materiellen Schuldverhältnissen (unter-
liegenden gewöhnlichen Verträgen u. fs. w. z. B. Wechselvorvertrag) hergenommenen
Einreden einwenden, folglich die Geltendmachung des wechselmäßigen Anspruchs des
Gläubigers gänzlich von materiellen gewöhnlichen Schuldverhältnissen abhängig
machen kann, vorausgesetzt nur, daß ihm jene Einreden unmittelbar gegen den
klagenden Gläubiger selbst erwachsen sind oder zustehen; dies ist aber dem Wechsel
nicht eigenthümlich, sondern durch das H#G#. auf alle handelsrechtlich anerkannten
Werthpapiere, welche Orderpapiere sind, gleichmäßig ausgedehnt. Hieraus ergiebt
sich, daß der Wechselschuldner (Acceptant der Tratte, Aussteller, Indossant oder
Avalist eines gezogenen oder eigenen Wechsels) dem auf einen Wechsel gegründeten
Anspruch des Klägers entgegenstellen kann: a) diejenigen Einreden, welche aus
dem W. R. selbst hervorgehen (z. B. Mangel eines wesentlichen Erfordernisses der
Tratte), zu diesen gehört auch die Einrede der Verjährung, und b) solche Einreden,
welche ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen (z. B. Einrede
des Betrugs, Einrede mangelnder Valuta, Erlaßvertrag). Auf solche Einreden ist
das Einrederecht des Wechselschuldners beschränkt, gleichviel ob die Klage im
ordentlichen Verfahren oder im Wechselprozesse erhoben wurde. Wird die Klage
im Wechselprozesse erhoben, ein Umstand, der ausdrücklich hervorgehoben sein muß,
so ist das materielle Einrederecht noch mehr beschränkt; da nämlich der Wechsel-
prozeß nach dem in Deutschland geltenden Civilprozeßrecht eine Art des Urkunden-
prozesses ist, so sind alle Einwendungen des Wechselschuldners, selbst wenn sie nach
der WO. zulässig wären, als im Urkundenprozesse unstatthaft zurückzuweisen, wenn
der dem beklagten Wechselschuldner obliegende Beweis seiner Einwendungen nicht
mit den im Urkundenprozesse zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen