Wechselprozeß. 1291
Wirkung (Art. 42 d. W0.). Ueber diesen Erlaß s. Swoboda, a. a. O. S. 374
bis 379. Ob vis major von Präsentation und Protesterhebung befreit, ist bestritten,
s. Thöl, a. a. O. § 101 Text u. Anm. 6; Kuntze, S. 118; Hoffmann, W. R.,
S. 375—377; Borchardt, Zus. 507 Ziff. 14 u. 15 S. 233—235 nebst den Anm.;
Entsch. d. RNOHG. Bd. V. S. 101, Bd. Xl. S. 74. Ueber Geschichte und ältere
Formen des W. s. Swoboda, a. a. O. S. 341—355.
Außer dem W.R. kommt Protest mit der Bedeutung einer öffentlich gefertigten
Beweisurkunde im H.R. vor bei Fixgeschäften, mit deren Erfüllung der eine
Kontrahent säumig ist; der andere Kontrahent kann alsdann den Verzug durch
eine öffentliche Urkunde (Protest) auf Kosten des Säumigen feststellen lassen (Komm.
zum Deutschen HGB. von v. Hahn, Bd. II. S. 388—390). Konnossemente unter
Protest, s. Erk. . ROG. vom 10. Januar 1871. Kosten eines Protestes wegen
Ueberliegezet. s. Entsch. des Reichsger. Bd. III. S. 151 (vgl. Lewis, Seerecht, J.
5 202 Eine andere Bedeutung hat „Seeprotest“ (— Verklarung), val. Gareis,
R. 569.
.% 5 b. Deutsche WO. Art. 18 —20, 2529, 41 45, 54, 57, 58, 62, 63, 69, 72, v8,
87—91, 6. — Novellen V. u. VIII. zur WO. — Deutsches 5HG##. Art. 358, auch 572.
Frankr.: Code de comm. art. s 117—120, 124, 156, 160—170, 184.
Lit.: Wechselrecht von Kuntze, 88 40, 52; Renaud, 's 26. — Thöl, H. R., Bd.
II. W 4. Aufl., §§ 88 ff. und die dort cit. Lit. u. Gsgb. — Borchordt, Allg. Dusch
WO., 7. Aufl. 1879, zu den angef. Art. — Swoboda im Arch. f. D W.N., Bd. X
Ercole Vidari, La lettera di cambio, Firenze 1869, §§ 477 s8.; Dersekbe, 2 #u
rogetti di legge sulle cambiali, Bologna 1871, p. 66 ss. — Die reiche Lit. über die Franz.
Wechselmoratorken von 1870 und 1871 f. namentlich bei Heinrich Jaques, Die durch die
Franz= Moratorienverfügungen gansuen Miegresfragen, F#ien * und die Peserirende
iteraturzusammenstellun - von Goldschmidt in seiner Zeitschr. d. gef- H. R., Bd.
29t4—309 und Bd. XVIII. S. 643. — Cesare Wichr. Sul conditto indrnsen
nale delle leggi cambiarie, Milano 1871. Gareis.
Wechselprozeß. Man kann weder sagen, daß zur gerichtlichen Geltend-
machung wechselrechtlicher Ansprüche seit dem Ursprung des W.R. allenthalben eine
besondere Prozedur eingeführt und gebräuchlich war, noch auch, daß die Art der
gerichtlichen Geltendmachung, selbst wo dieselbe an ein bestimmtes eigenartiges Ver-
fahren gebunden war, einen Einfluß auf das Wesen der Wechselobligation geäußert
hätte; die prozessuale Wechselstrenge (der rigor cambialis in diesem Sinne), wovon
unter dem Art. Wechseleinreden gesprochen wird, ist nur irrthümlicher Weise
als ein Essentiale des W.R. bezeichnet worden; das Wes2en des Wechsels ist in
seiner Eigenart auf dem Gebiete des Obligationenrechts (reines Summenversprechen
„gegen“ ein Orderpapier u. s. w.), nicht auf dem des Prozeßrechts begründet.
Dennoch hat sich an vielen Orten entweder im Zusammenhang mit den Meß-,
Markt-, Fremden-, „Gast' gerichten, oder im Zusammenhang mit ständischen Ein-
richtungen von Kaufmannschaften ein besonderes prozeßrechtliches Verfahren zur
Durchführung wechselrechtlicher Ansprüche eingebürgert und entwickelt, welchem bei
aller Verschiedenheit im Einzelnen eine besondere Beschleunigung, und eine Anzahl
von Maßregeln zur Sicherung und Raschheit der Exekution, die Tendenz zur perfön-
lichen Haftnahme des säumigen Wechselschuldners, Beschlagnahme von Waaren u. s. w.,
ein kategorisches aut solve aut mane und dgl. charakteristisch war. Das 17. und
18. Jahrhundert bildete in Deutschland an den meisten Handelsplätzen W.ordnungen
aus, die sich in der Einzelheit sehr von einander unterschieden. Zur Rechtseinheit
ist Deutschland auch hierin erst durch die Justizgesetze vom Jahre 1877, in Geltung
seit 1. Okt. 1879 gelangt. In der nun geltenden RPO. ist zwar von einem
besonderen „W.“ die Rede, aber er erstreckt sich weder auf alle wechselmäßigen An-
sprüche, noch bietet er den einzigen Weg, auf welchem wechselrechtliche Ansprüche
geltend gemacht werden können, noch auch sind die Eigenthümlichkeiten dieses „W.“"
derart bedeutend, daß darunter eine verschiedene Prozeßart gedacht werden könnte.
Der W. ist nämlich nach der RpO. nur eine Unterart des Urkundenprozesses, und