Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Wechselstempel. 1293 
Wechselstempel ist eine Art der Verkehrssteuer. Nach Ad. Wagner hat 
diese Steuerart eine doppelte Aufgabe. Einmal soll sie ergänzend eintreten, wo 
thatsächlich durch die sonstige Erwerbsbesteuerung der Erwerb nicht genügend ge— 
troffen wird, und dann soll sie solchen Erwerb durch einzelne Rechtsgeschäfte oder 
Verkehrsakte treffen, welcher steuerrechtlich unter die Einkommen= und Ertrags- 
besteuerung nicht fällt und gewöhnlich auch nicht fallen könnte. Ursprünglich 
wurde diese Steuer in Deutschland blos in mehreren Norddeutschen Staaten als 
Landessteuer erhoben, bis dieselbe auf Befürwortung durch den Deutschen Handelstag 
mittels Gesetz vom 11. Juni 1869 zur Bundessteuer umgewandelt wurde, und zwar 
in der Weise, daß nicht nur die Regelung dieser Steuer Bundessache ist, sondern 
auch deren Ertrag zunächst in die Bundeskasse fließt, jedoch vorbehältlich der Rück- 
erstattung eines successive sich vermindernden Prozenttheils des Erlöses aus den in 
den einzelnen Bundesstaaten debitirten W.marken und gestempelten Wechselblankets. 
Seit dem 1. Januar 1876 beträgt dieser Antheil für immer 2 Prozent. Als der 
Norddeutsche Bund sich zum Deutschen Reich erweiterte und dieses Gesetz auch auf 
das übrige Reich erstreckte, wurde im Jahre 1879 auch das Gesetz der neuen 
Reichswährung angepaßt. Was nun in erster Linie das Steuerobjekt betrifft, 
so unterliegen dem W. als einer, wie gesagt, die Besitzänderung von in wechselmäßiger 
Form gekleideten Schuldforderungen treffenden Verkehrssteuer alle im Herrschafts- 
gebiete der Deutschen Reichsgesetzgebung vor sich gehenden Verkehrsakte in Wechseln. 
Weder die Art des Wechsels (Tratte, Solawechsel), noch sein Zweck (Depot- 
wechsel u. s. w.) kommt des Weiteren dabei in Betracht. Nur der Zahlungsakt 
des Wechsels ist von Einfluß: vom Ausland auf das Ausland gezogene und zugleich 
im Ausland zahlbare (nicht etwa auf das Ausland domizilirte) Wechsel sind stempelfrei. 
Enger begrenzt ist aber schon die Ausnahme bei von dem Inland auf das Ausland 
gezogenen Wechseln; um hier Mißbräuche zu verhüten, ist die Stempelfreiheit nur 
dann garantirt, wenn sie von dem Inland auf das Ausland gezogene, nur im Aus- 
land und zwar auf Sicht oder spätestens innerhalb zehn Tagen nach dem Tage der 
Ausstellung zahlbare Wechsel sind, und sofern sie vom Aussteller auch direkt in das 
Ausland remittirt werden. Speziell erklärte auch der Bundesrath die Prima eines 
vom Ausland auf das Inland gezogenen, im Ausland domizilirten Wechsels, die 
von dem Korrespondenten dem Bezogenen vorgelegt, vom Bezogenen acceptirt und 
nach geschehener Durchkreuzung der Rückseite unversteuert zurückgegeben wurde, für 
steuerpflichtig. Das einschlägige Gesetz hat übrigens auch über den Wechsel selbst 
hinausgegriffen und als weitere steuerpflichtige Werthpapiere erklärt: die an Order 
lautenden Zahlungsversprechen (billets à ordre) und die von Kaufleuten auf Kauf- 
leute ausgestellten Anweisungen (nicht auch an andere Personen, etwa Behörden, 
wenn diese auch dann an einen Kaufmann zahlen sollen), (Assignationen jeder Art 
auf Geldzahlungen, Akkreditive und Zahlungsaufträge) gegen deren Vorzeigung oder 
Auslieferung die Zahlung geleistet werden soll, ohne Unterschied in welcher Form 
dieselben geschehen. Befreit sind aber die statt der Baarzahlung dienenden, auf 
Sicht zahlbaren Platzanweisungen und Checks (d. h. Anweisungen auf das Gut- 
haben des Ausstellers bei dem die Zahlung desselben besorgenden Bankhaus oder 
Geldinstitut), wenn sie ohne Accept bleiben, anderenfalls muß die Besteuerung er- 
folgen, ehe der Acceptant die Platzanweisung oder den Check aus den Händen giebt. 
Dagegen bewirkt die Thatsache, daß der Check an Order gestellt ist oder auch in- 
dossirt wird, die Stempelpflichtigkeit eines Check nicht. Wenigstens hat dieses das 
RO. in einem Falle ausgesprochen, wo ein Herr L. v. Wasserling im Elsaß 
unter Ausfüllung eines von der Bank in Mülhausen herrührenden, mit der Ueberschrift 
Check versehenen Formulars, einen folgendermaßen lautenden Check ausgestellt hatte: 
W. le 15 Juill. 1874. 
La banque de M. est priée de payer à l’ordre de G. 87 fr. 15 cts.; 
dont elle débitera le compte de Unterschrift.
	        
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