1296 Wegeordnungen.
schon durch die Anglo-Normannische Gesetzgebung eine streng geordnete, durch öffent-
liche Anklage erzwingbare Last der Ortsgemeinden geworden. Durch die Gesetzgebung
der Reformationsgeit ist dafür das Amt des Wegeaufsehers gebildet. Auf ihn, als
das verpflichtete Organ des Kirchspiels, geht die Wegebaulast über, mit der Er-
mächtigung, die Gemeindeglieder nach der Größe ihres Grundbesitzes und Hausstandes
zu Hand= und Spanndiensten zu zwingen und die Baumaterialien von benachbarten
Grundstücken zu entnehmen. Dies System setzte indessen einen lebendigen Gemeinde-
verband von ansässigen Leuten voraus, der mit dem fortschreitenden Verfall des
Bauernstandes verloren ging. Im Laufe des 18. Jahrh. mußte sich daher die
Gesetzgebung zu einer ergänzenden Wegesteuer entschließen, durch welche die Natural-
leistungen schrittweise verdrängt wurden. Die W. von 1836 geht bereits in das
System der reinen Geldwirthschaft über. Dem Wegeausfseher des Kirchspiels liegt
nunmehr ob: die Einschätzung, Ausschreibung und Beitreibung der Wegesteuer
nach den Grundsätzen der Armenstener, also Realsteuer; die Instandhaltung der
Wege durch Annahme von Lohnfuhrwerk und Lohnarbeiten oder durch Verdingung
des Geschäfts mit Konsens der Gemeindeversammlung, erzwingbar durch Strafbefehle
der Friedensrichter; die Ausführung der Wegepolizeiordnung mit der Ver-
pflichtung zu Strafverfolgungen und Beseitigung von Wegehindernissen; Buch-
führung, Rechnungslegung und Berichterstattung an die Sessionen der Friedens-
richter. — Immer mehr trat jedoch der Uebelstand hervor, daß die kleinen Kirch-
spiele nicht das nöthige Personal für diese zum Theil technische Verwaltung besitzen.
Die W. von 1862 und 1864 führen daher zwangsweise eine neue Bezirks-
bildung ein, die schon früher fakultativ gestattet und gefördert war. Die Quartal-
sitzungen der Friedensrichter sollen nach Anhörung der betheiligten Gemeinden die
Grafschaften in eine angemessene Zahl von „Wegebezirken“ eintheilen nach Analogie
der Unions der Armenverwaltung (welche jetzt durchschnittlich 30 000 Einwohner
umfassen, im einzelnen Fall aber auch bis zu 3000 Seelen herabgehen). Für jeden
Wegeverwaltungsbezirk wird ein Verwaltungsrath, District Board, gebildet.
Jedes Kirchspiel wählt dazu einen Wegepfleger, Waywarden, große Gemeinden
deren mehrere nach Festsetzung der friedensrichterlichen order. Die Wahl erfolgt
nach klassifizirtem Stimmrecht, in sechs Steuerstufen, nach der General Vestries Act
bemessen. Das Hauptgeschäft des Verwaltungsraths bildet die Ernennung, Ent-
lassung und die Bestimmung der Gehaltsetats eines besoldeten Sekretärs, Rendanten
und Wegeinspektors, deren Amtspflichten das Gesetz normirt. Das verpflichtete
Subjekt für die Unterhaltung der Wege bildet nunmehr die Bezirkswegekasse,
vertreten durch das Board und seine Beamten. Die Kosten werden direkt aus der
Ortsgemeindesteuer (Poor Rate) bestritten, und vertheilen sich in den Bezirks-
fonds für die Beamtenbesoldungen und Gemeinkosten, zu welchen jedes Kirchspiel
nach dem Durchschnitt seiner Wegekosten in den letzten drei Jahren beiträgt, und
in die Spezialfonds zur Erhaltung des einzelnen Weges, welche jedes Kirchspiel
gesondert in seiner Armensteuer trägt. Diese neue wirthschaftliche Organisation lehnt
sich noch immer an die älteren Funktionen des Friedensrichteramts an. Die ein-
zelnen Friedensrichter erkennen als Polizeirichter auf die zahlreichen Bußen der W.
und auf die Ordnungsstrafen gegen die Ortsbeamten wegen Versäumung der gesetz-
lichen Obliegenheiten. Die Spezialsitzungen der Friedensrichter für den Weg-
bezirk nehmen den Jahresbericht über den Zustand der Wege entgegen, üben ein
Ordnungsstrafrecht bis zu 5 & gegen die ausführenden Beamten, und erzwingen ver-
säumte Reparaturen, indem sie auf schriftliche Anzeige den Verwaltungsrath und
den Waywarden zur Verantwortung laden, einen Kommissar zur Besichtigung er-
nennen, eine Exekutionsorder erlassen, eventuell die nothwendigen Arbeiten durch
einen Dritten vornehmen lassen und die Kosten dafür durch Anweisung auf die
Bezirkskasse einziehen. Sie entscheiden auch Streitigkeiten wegen unterlassener Lichtung
der Wege und erlassen die darauf bezüglichen Straf= und Zwangsorders. Sie ent-