Weideservituten. 1305
nahmen die Ausübung der W. unmöglich machen oder deren Werth erheblich ver-
mindern. Im Uebrigen aber kann er die durch die land= oder forstwirthschaftliche
Bestimmung des Grundstücks gebotenen Handlungen und Nutzungen vornehmen, auch
wenn sie, wie z. B. die Legung eines Waldschlags in Schonung, die Ausübung der
Weide erschweren oder schmälern. Hat der Weideberechtigte nicht ein ausschließliches
Recht, so steht dem Eigenthümer die Befugniß zu, nach Maßgabe des Bedürfnisses
seiner Wirthschaftsgüter gleichfalls Weidevieh in das dienende Grundstück einzutreiben
oder Anderen in diesem Umfange die Mitweide zu gestatten. Wenn in diesem Falle
das dienende Grundstück nicht zur Deckung des Weidebedarfs beider ausreicht, so hat
gegenüber der quantitativ bestimmten W. der Eigenthümer zurückzustehen, während
bei der quantitativ unbestimmten Servitut nach überwiegender Ansicht (Preuß. Allg.
LR. I. 22 § 203) eine verhältnißmäßige Einschränkung beider einzutreten hat.
Manchmal, namentlich bei den Schäfereiservituten, hat der Eigenthümer des
dienenden Grundstücks ein mit der Servitut als dessen Kehrseite verbundenes Real-
recht, kraft dessen der Weideberechtigte verpflichtet ist, das Vieh über Nacht auf
dem beweideten Grundstück in Hürden zu lassen, Pferchrecht.
IV. Beschränkung und Aufhebung der W. Die Weiderechte bereiten
namentlich, soweit sie an Waldungen bestehen, einer geordneten und nachhaltigen
Forstkultur schwere Hindernisse (s. d. Art. Forstservituten); aber auch für eine
intensivere landwirthschaftliche Kultur, die zur Stallfütterung, Fruchtwechselwirthschaft
und zum Bau von Handelspflanzen übergeht, sind sie vielfach störend und benach-
theiligend. Die neueren Gesetzbücher und Partikulargesetze haben es daher vielfach sich
zur Aufgabe gesetzt, die Entstehung neuer W. zu erschweren und die Beschränkung,
Fixirung, Umwandlung oder Aufhebung der bestehenden W. durch Darbietung des
Verwaltungszwangs zu ermöglichen und zu erleichtern. Vielfach ist nunmehr be-
stimmt, daß die gemeine Weide und Trift auf sämmtlichen Feldgrundstücken der
Gemarkung nicht mehr durch einen Beschluß der Gemeindeorgane oder der Mehrheit
der in der Gemarkung angesessenen Grundbesitzer, sondern nur durch übereinstimmenden
Beschluß sämmtlicher Besitzer eingeführt werden kann; auch ist jeder Grundbesitzer
befugt, sein Grundstück gegen die Ausübung der gemeinen Weide und Trift ab-
zuschließen, wenn er auf seinen verhältnißmäßigen Antheil an der bestehenden ge-
meinen Weide verzichtet. Neue W. sollen durch Ersitzung gar nicht mehr, durch
einen Bestellungsakt wenigstens nicht mehr für gewisse Arten von Grundstücken
(namentlich Waldungen) begründet werden dürfen. Es wird ferner den Betheiligten
überhaupt oder doch den Besitzern der dienenden Grundstücke die Möglichkeit eröffnet,
vorhandene W., sofern sie unbestimmt sind, durch ein meist von der Verwaltungs-
behörde (Ablösungsbehörde) zu leitendes Verfahren nach Art und Zahl des ein-
zutreibenden Viehs zu fixiren, auf gewisse Grundstücke örtlich einzuschränken oder
gegen Entrichtung einer dem Werthe der W. entfprechenden Geldentschädigung oder
gegen eigenthümliche Abtretung eines entsprechenden Grundstücks ganz zu beseitigen.
Namentlich bietet das Gemeinheitstheilungsverfahren Gelegenheit, kulturschädliche W.
in dieser Art zu beschränken oder aufzuheben, vielfach sind aber auch besondere Ge-
setze über die Aufhebung und Beschränkung der W. erlassen worden. Auch ist die
Ausübung der W. nach den Feldpolizeigesetzen, und Feldpolizeiordnungen, z. B.
§§ 11 ff. des Preuß. Gesetzes vom 1. April 1880, einer Anzahl von Beschränkungen
unterworfen.
Quellen: Preuß. Allg. LR. I. 22 88 80 ff. — Oesterr. BGB. 8§ 498—502. —Code civil
art. 648. — Kgl. Sächs. Mandat vom 28. Oktober 1828, betr. die in Hütungzsachen anzu-
wendenden Grundsätze. — Für Ablösung der W. s.: Preuß. Gemein.Th.O. von 1821. —
Bad. Gesetz vom 31. Juli 1848 über die Ablösung der Weiderechte. — Bayr. Gesetz vom
28. Mai 1852 über Ausübung und Ablösung der Weiderechte auf fremdem Boden. —
Württemberg. Gesetz vom 26. Mai 1873 über die Ausübung und Ablösung der Weiderechte.
Lit.: Strampffer, Vom Hutrechte, 1798. — Münter, Weiderecht, 1804. — Hage-
mann, Handduch des Landwirthschaftsrechts, 1807, S. 551 ff. — Seuffert, Beiträge zur