Widerklage. 1321
klage in rechtlichem Zusammenhang steht, kraft des Prozeßleitungsrechtes des Gerichtes
gelöst und eine besondere Verhandlung des W prozesses angeordnet werden.
Die Doktrin des Gemeinen Prozesses läßt gegen eine W. des Vorbeklagten nicht
eine fernere des ersten Vorklägers und Widerbeklagten zu (reconventio reconventionis
non datur). Die CPO. hat diesen Satz nicht ausgenommen, er kann also für das
neue Civilprozeßrecht nicht mehr als maßgebend betrachtet werden, was freilich die
herrschende Meinung ohne haltbare Gründe annimmt.
Quellen: Deutsche CO. §s§ 33, 40, 136, 251—254, 491, 558, 565, 574—576, 597,
608, 620, 624, 626.
Lit.: Goldschmidt, Ahdg aus dem saem Deutschen Civ. ß Frankfurt a. M. 1818,
S. 20 ff. — Sarkorius, Die Lehre von der W., 9 Erlangen 11 — Planck, Mehrheit
der Rechtsstreitigleiten, Göttingen 1844, S. 80 ff., 351 ff. — F s, Arch. für civ. Praxis,
LlII. 149 ff. — R. L5 önin Die W. im Kds 5 , Berlin 1881, Separatabdruck aus d.
Ztschr. f. civ. Prx., IV. 1 P. Hinschius.
Widerklage (trafpros). Nach §§ 198 und 232 Abs. 3 des Deutschen
Straf GB. sollen wechselseitige, d. h. in einem ursachlichen Zusammenhange stehende
Beleidigungen und auf Antrag zu verfolgende Körperverletzungen in einem Ver-
fahren erledigt werden. Hat daher der eine Theil den Antrag auf Strafverfolgung
gestellt, so ist der andere Theil bei Verlust seines Rechtes verpflichtet, den Antrag
auf Strafverfolgung spätestens vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz zu
stellen, hierzu aber auch dann berechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatliche
Frist bereits abgelaufen ist. Diese Bestimmung des Straf GB. behält nach Ein-
führung der Deutschen StrafP O., welche für die obigen Fälle die Verfolgung durch
Privatklage vorgeschrieben hat, praktische Bedeutung nur dann, wenn die Staats-
anwaltschaft in einem solchen Falle ausnahmsweise die öffentliche Klage erhebt.
Als Regel gilt aber der Satz, daß der Beschuldigte, wenn er die Bestrafung
einer ihm von dem Privatkläger zugefügten Beleidigung oder Körperverletzung wünscht,
die W. erheben muß. Die W. ist also nichts anderes als eine von dem Beschul-
digten gegen den Privatkläger erhobene Privatklage.
Die W. setzt voraus, daß mit ihr eine durch Privatklage verfolgbare Be-
leidigung oder Körperverletzung verfolgt wird. Gleichartigkeit der strafbaren Hand-
lungen ist jedoch nicht erforderlich, die Privatklage kann wegen Beleidigung, die W.
wegen Körperverletzung oder umgekehrt erhoben werden. Die W. ist nur gegen
den, welcher als Privatkläger ausgetreten ist, und nur von dem, welcher zur Privat-
klage selbständig berechtigt ist, zu erheben. Muß eine Vertretung des Beschuldigten
wegen der ihm fehlenden Prozeßfähigkeit stattfinden, so kann der Vertreter selbstver-
ständlich nur eine dem Vertretenen zugefügte strafbare Handlung geltend machen.
Da der Vertretene Kläger und zugleich Angeklagter ist, so wird seine perfönliche
Zuziehung zu dem Verfahren nothwendig, denn die Vertretung erstreckt sich nur auf
die Erhebung der Privatklage (Löwe, zu § 428 Note 2 b).
Die W. ist bei dem Gerichte zu erheben, bei welchem die Privatklage erhoben
ist, auch wenn dieses an sich für die den Gegenstand der W. bildende Handlung
nicht zuständig wäre.
Besondere Formen für die Erhebung der W. sind nicht aufgestellt. Erfolgt
sie vor der Hauptverhandlung, so gelten die gewöhnlichen Vorschriften (StrafP O.
§§ 422 ff.). Dies wird aber wol nur ausnahmsweise geschehen und die W. in der
Regel erst in der Hauptverhandlung selbst erhoben werden; es genügt dann eine
einfache mündliche oder schriftliche Erklärung. In beiden Fällen findet jedoch ein
Sühneversuch nicht statt; auch ist der Widerkläger zu einer Sicherheitsleistung nicht
verpflichtet. — Für die Erhebung der W. gilt nicht die dreimonatliche Antrags-
frist, sie kann vielmehr bis zur Beendigung der Schlußvorträge in erster Instanz
erhoben werden (Straf O. § 428 Abs. 1).