Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Wucher. 1361 
Möglichkeit gewährt, jene ebenfalls wegen Zahlung der Wucherforderung in An- 
spruch zu nehmen (vgl. Oppenhoff, S. 702 u. 19). 
Mit dem W. kann sowol Betrug wie Erpressung konkurriren. Betrug inso- 
fern als das Versprechen der wucherlichen Vermögensvortheile nur durch eine Vor- 
spiegelung falscher Thatsachen auf Grund einer Täuschung des Bewucherten erlangt 
worden ist, Erpressung wenn das Verfprechen dadurch errungen wurde, daß der 
Gläubiger drohte, im Fall der Nichtgewährung die fällige Forderung einzuklagen 
(vgl. für einen ähnlichen Fall Urtheil des Reichsger, vom 12. Februar 1880 — 
Entscheidungen I. S. 205, Rechtsprechung I. S. 345). Alsdann kommen die §8 
263 resp. 253, welche die schwerere Strafe androhen, zur Anwendung. 
Bei kaum einem anderen Vergehen liegt die Gefahr so nahe wie beim W., 
daß das Gesetz durch Manipulationen umgangen werde, welche den strafbaren Cha- 
rakter der fraglichen Handlung verdecken sollen. Das kann geschehen: a) durch 
Zwischenschieben von anderen Personen, die als Makler, Unterhändler, Zutreiber 2c. 
thätig sind. Bezüglich derselben kommen natürlich zunächst die allgemeinen Grund- 
sätze über Mitthäterschaft und Beihülfe zur Anwendung, doch wird häufig der Nach- 
weis bewußten Zusammenwirkens der betreffenden Personen kaum zu erbringen sein. 
Deshalb bestimmt das Gesetz, daß als Wucherer bestraft wird, sowol wer den wucher- 
lichen Vermögensvortheil für einen Dritten ausbedingt (§ 302 a), als auch wer 
mit Kenntniß des Sachverhaltes eine wucherliche Forderung erwirbt und dieselbe 
weiter veräußert oder die wucherlichen Vermögensvortheile geltend macht (§ 302c). 
Ein Nachweis des vorsätzlichen Zusammenwirkens ist nicht erforderlich, es treten 
vielmehr die Strafen auch dann ein, wenn ein solches thatsächlich nicht vorhanden 
ist, z. B. der Dritte keine Kenntniß von dem Abschlusse des Geschäfts selbst hatte, 
oder die fragliche Forderung durch einen Universaltitel etwa durch Erbgang erwor- 
ben wurde. Ebensowenig braucht untersucht zu werden, ob der Wucherer wirklich 
für einen Dritten oder faktisch nur für sich handelt, z. B. die Vortheile für seine 
Frau oder seine Kinder u. s. w. ausbedang. Die Erwerbung einer wucherlichen 
Forderung, die ja auch aus löblicher Absicht, z. B. zur Befreiung des Schuldners, 
geschehen kann, ist noch nicht strafbar, sondern erst das Verfügen über dieselbe in 
gewinnsüchtiger Absicht. Als Weiterveräußerung kann unter Umständen schon eine 
Verpfändung erscheinen, als Geltendmachung der Versuch, die Forderung zur Kom- 
pensation zu benutzen. Wenn dagegen der dritte Erwerber von dem Schuldner nur 
das zurückfordert, was derselbe wirklich erhalten hat, etwa unter Berechnung mäßiger 
Zinsen, so macht er nicht „die wucherlichen Vermögensvortheile“, sondern nur eine 
durchaus rechtsbeständige Forderung geltend, vgl. Oppenhoff, S. 704 N. 4. 
Dasselbe gilt von demjenigen, welcher im Auftrage des Schuldners oder eines An- 
dern die Forderung von dem Wucherer oder dessen Rechtsnachfolger erworben hat 
und nun den wirklich gezahlten Cessionspreis gegenüber seinem Auftraggeber geltend 
macht. Jedoch setzt die Anwendung des § 302c den Nachweis voraus, daß der 
Erwerber den Charakter der Forderung wirklich kannte; daß er ihn hätte kennen 
müssen, genügt ebensowenig wie dolus subsequens; andererseits wird die Strafbarkeit 
nicht dadurch ausgeschlossen, daß ihm einige Details bezüglich des Geschäftsabschlusses 
unbekannt geblieben sind. 
Eine Umgehung des Gesetzes kann auch versucht werden b) durch Verkleidung 
des Geschäftes. Solche Manipulationen waren von jeher üblich und schon die 
R.Polizei Ordn. von 1530 (Art. 26) und 1548 (Art. 17 und 19) stellen bezüglich 
einiger Geschäfte die Präfumtion auf, daß dieselben wucherliche seien, ebenso das 
Preußische LR., z. B. Thl. I. Tit. 11 §§ 323, 718; das Oesterr. W. Patent von 
1803 §§ 8—10 und mehrere der früheren Deutschen Partikularstrafgesetzgebungen. 
Die gewöhnlichsten Formen (vgl. Merckel, S. 8 ff.; Braun und Wirth, S. 
194 ff.) sind, abgesehen von dem sog. W. am Kapital, d. h. den Fällen, in welchen 
die Verschreibung auf eine größere als die wirklich gegebene Summe lautet, die 
v. Holtzendorff, Enc. II. Nechtslexikon III. 3. Aufl. 86
	        
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