Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zeugenbeweis. 1385 
sicht siegte (Prot., S. 2201; Entw. 8§§ 328, 342 Abf. 2) und ist seitdem nicht 
wieder aufgegeben worden. Ihre volle Konsequenz (vgl. Hannov. Prot., S. 2156) 
hat das Oesterr. Recht gezogen, indem es in dem Gesetz vom 27. April 1873 über 
das Bagatellverfahren §§ 53 ff. und im Entwurf einer CPO. von 1876 8§§ 411 ff. 
die Vernehmung der Parteien selbst als Zeugen statuirt. Außerordentlich nahe ist 
dieser Konsequenz die Deutsche CPO. in § 579 hinsichtlich der Vernehmung der 
Partei in Ehesachen gekommen (vgl. insbesondere Abs. 3 des § 579 und die Mot. 
zu § 556 des Entw., S. ö543), während die Vernehmung der Partei nach § 132 
der Deutschen CPO. schon des nöthigen Zwanges entbehrt, um als Zeugenverneh- 
mung zu erscheinen. Jedes weitere Interesse aber am Ausgang des Rechtsstreites, 
als das der Partei selbst (und sonstiger als Partei zu betrachtender Personen, wie 
Streitgenossen, Hauptintervenienten, gesetzlicher Vertreter: Gaupp, II. S. 247 oben) 
ist für den Begriff des Zeugnisses auch nach der Deutschen CPO. irrelevant: arg. 
§ 358 3. 4 (ek. aber auch Heusler, Arch. f. d. civil. Prax. LXII. S. 278, 
N. 14). Nur die Funktion als Richter in einer Streitsache ist mit der Funktion 
als Zeuge in der nämlichen Sache unvereinbar nach § 41 Z. 5 der Deutschen CPO. 
4) Schon aus dem Wes2en des Beweises und Beweismittels (judici fit pro- 
batio) ergiebt sich aber, wie Eingangs angedeutet, das Erforderniß einer ge- 
richtlichen Aussage für den Begriff des Beweiszeugen; so sehr daß, wie oben 
gezeigt, beim Fehlen dieser Form das Zeugniß sofort zum Inhalt eines anderen 
Beweismittels wird. — Und so wäre der Begriff des Beweiszeugen nach der Deut- 
schen CP O. der einer dritten, d. h. am anhängigen Prozeß weder als Partei noch 
als Richter betheiligten, Person, welche über eine von ihr wahrgenommene That- 
sache gerichtlich aussagt. 
III. Mit dem System der freien richterlichen Beweiswürdigung mußten auch 
die an das Gemeine oder Französische Recht angelehnten Eintheilungen der Partiku- 
larprozeßgesetze in unfähige, verdächtige und klassische Zeugen, resp. in Zeugen, die 
von Amtswegen, Zeugen, die auf Antrag des Gegners zu verwerfen sind, und un- 
verwerfliche Zeugen, an Werth verlieren. Verschwunden sind sie aber auch in den 
neuesten Rechten nicht. Daß Personen, welchen die Begriffserfordernisse eines Zeugen 
fehlen, „nicht die Fähigkeit zum Zeugnisse haben und ein Antrag auf Vernehmung 
derartiger Personen zurückzuweisen ist“, halten die Motive zur Deutschen CPO. ad 
§§ 334, 335, Entw., S. 493 für selbstverständlich, während es der Oesterr. Entw. 
§ 368 3. 3, wie schon der Hannov. Entw. § 328 Z. 1 und der Nordd. Entw. 
§ 498 Z. 1 und 2, ausdrücklich ausspricht. Aber außer diesen „natürlich unfähi- 
gen“ ist auch die Kategorie der „juristisch unfähigen“ den neuesten Gesetzen nicht 
unbekannt, indem sie selbst Personen, welche begrifflich Zeugen sein könnten, vom 
Zeugniß überhaupt oder über einzelne Thatsachen unter gewissen Voraussetzungen, 
die freie richterliche Beweiswürdigung aus Gründen des öffentlichen Interesse be- 
schränkend (Hannov. Prot., S. 2280), ausschließen. Es gehört hierher das Verbot 
der Vernehmung öffentlicher Beamter über Gegenstände ihres Amtsgeheimnisses ohne 
Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde nach § 341 der Deutschen CPO., § 368 
Z. 2 des Oesterr. Entw. (vgl. Hannov. Prot., S. 5666); und das Verbot der Ver- 
nehmung von Beamten, und anderen Personen und von Geistlichen über solche 
Thatsachen, über welche auszusagen sie unter allen Umständen nicht berechtigt, wenn 
vielleicht auch trotz ihres Verweigerungsrechtes Willens sind, nach § 348 Abs. 3 
der Deutschen CPO. (vgl. hinsichtlich der Geistlichen 9§ 368 Z. 1 des Oesterr. 
Entw.; § 328 Z. 2 des Hannov. Entw. und dazu die Prot., S. 2147). — Alles 
Andere aber ist der Frage nach der Beweiskraft und Glaubwürdigkeit des Zeugen, 
und damit dem freien Ermessen des Richters überlassen. Die Gesetze stellen weder 
selbst Verdachtsgründe auf, noch beschränken sie den Richter auf die Beachtung der 
von den Parteien geltend gemachten, noch beeinflussen sie seine Würdigung der 
irgendwie konstatirten. Die Deutsche CPO. 8 360 und der Oesterr. Entw. § 388
	        
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