Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zeugenbeweis. 1389 
und Abs. 2 des Oesterr. Entw. Im engsten Zusammenhang mit den Vorschriften 
über die Zeugnißverweigerung steht die Norm des 8 358 Z. 3 der Deutschen CPO., 
wonach das Gericht gewisse Zeugnißverweigerungsberechtigte, falls sie von diesem 
Rechte keinen Gebrauch machen, zur Verhütung eines möglichen Meineides unbeeidigt 
vernehmen muß, ein Rest der alten Bevormundung, welchen der Oesterr. Entw. 
§ 386 Abs. 5 vermieden hat. Die Verletzung der Zeugnißpflicht aber ohne be- 
gründende Berufung auf eine der gesetzlich statuirten Ausnahmen ruft den Zeug- 
nißzwang wach, hierüber s. diesen Art. Hier sei nur noch erwähnt, daß der 
Zeuge, welcher, wenn anders der Zeugnißzwang berechtigt sein soll, mit seiner Aus- 
sage nicht blos den Privaten, sondern auch dem Staate dient, ebendeswegen dem 
Staate gegenüber das Recht auf Vergütung für Zeitversäumniß und Baaraus- 
lagen hat (I. 16 Ss 1 C. h. t.: sine damno et impendio; Mot. zu § 333 des Deutsch. 
Entw. S. 492). Dieser Anspruch ist daher aus der Gerichtskaffe zu decken und gehören 
die gezahlten Gebühren und Auslagen zu den Gerichtsauslagen (§ 366 der Deut- 
schen CP O.; § 79 Z. 4 des Rer. Kosten Ges.), deren Höhe sich nach der Reichsgebühren- 
ordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878 bemißt, hinsichtlich 
deren aber das Gericht hinwiederum der Partei gegenüber sich dadurch sichern daif, 
daß es die Ladung von Erlegung eines Vorschusses abhängig macht (§ 344 der 
Deutschen CPO.). 
4) Was nun die Z.aufnahme selbst anlangt, so ist a) für ein Prozeßsystem, 
welches den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung auch rücksichtlich des 
Z. streng durchführen will, die Unmittelbarkeit der Z#aufnahme vor dem erkennenden 
Gericht als Regel unumgänglich. Denn die ganze Art und Weise, wie der Zeuge 
seine Ausfage macht, ist für die Glaubwürdigkeit derselben meist entscheidender, als 
der Inhalt der Aussage und die persönlichen Verhältnisse des Zeugen (Mitter- 
maier, S. 199; Gesterding, 1V. 95; Hannov. Prot., S. 2161, 2219, 2238 ff., 
5668 ff.). Das erkannte schon das Römische Recht: Alia est auctoritas praesen- 
tium testium, alia testimoniorum quae recitari solent, reskribirt Hadrian in der 
1. 3 § 4 (ct § 3) D. h. t. Dem Gemeinen Prozeß mit seiner gesetzlichen Beweis- 
theorie ging dies Prinzip verloren. Bei den Untergerichten zwar pflegte der Richter 
das Zeugenverhör selbst vorzunehmen „weil er sich die Sportuln nicht gern ent- 
ziehen läßt“; bei den Obergerichten aber und den höchsten Gerichten im Reich 
pflegte man die Zeugen durch commissari# vernehmen zu lassen (Seyfart, Deut- 
scher Reichsprozeß, I. c. 13, § 14). Aber selbst in Frankreich werden die Zeugen, 
abgesehen von summarischen und Handelssachen, nicht in der Audienz des Prozeß- 
gerichts, sondern durch einen juge-commissaire verhört, und erst wenn es zur Prü- 
fung des Z. kommt, gelangt derselbe durch die betreibende Partei an das tribunal. 
Die Ordonnanz von 1667 hatte dies System der enqustes secretes geschaffen, 
das décret du 7 fructidor an III dasselbe beseitigt, der Code de proc. eiv. 
art. 255 (cf. art. 407 u. 432) es wieder eingeführt (s. die vernichtende Kritik bei 
Boitard, § 493 p. 454 suiv.). Dagegen hat die Deutsche CPO., folgend den 
neueren Deutschen Entwürfen, die Unmittelbarkeit der Z.aufnahme „als eine Kon- 
sequenz des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Verhandlung und der freien Be- 
weiswürdigung“ (Mot. zu § 311 d. Entw., S. 489; ef. zu § 330, S. 491)0 in 
ihrem § 320 als ein Prinzip statuirt, von dem sie nur in den dringendsten Fällen 
nach § 340 Abweichungen, nämlich die Z.aufnahme durch einen beauftragten oder 
ersuchten Richter, gestattet. Der Oesterr. Entw. entspricht in den §§ 316, 369, 
sowol was die Regel als was die Ausnahmen angeht, dem Deutschen Gesetze. — 
Mit dem Prinzip der Unmittelbarkeit ist nach § 196 der Deutschen CPO. zugleich 
als regelmäßiger Ort der Z.aufnahme das Amtslokal des Prozeßgerichts gegeben, 
soweit nicht der eben citirte Paragraph selbst, resp. die §§ 340 und 347 Aus- 
nahmen mit sich bringen. — Die größte Schwierigkeit aber für die Durchführung 
des Prinzips bot die Nothwendigkeit einer Protokollirung der Aussagen einerseits
	        
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