1398 geugenbeweis.
Staatsanwaltschaft ausgeschlossen, wenn sie in der Sache als Zeugen vernommen
werden. Tritt also eine Kollision ein, so zieht die Unentbehrlichkeit des Zeugen
dessen Ausschließung auch von der Fortsetzung der Thätigkeit als Staatsanwalt nach
sich. Was endlich den Vertheidiger betrifft, so ist auch hier die Vereinigung
seines Amtes mit der Stellung eines Zeugen schwer denkbar. Im Vorverfahren,
wo jetzt dem Vertheidiger die Akten nicht mehr unbedingt verschlossen sind, kann es
wichtig sein, daß der Zeuge von deren Inhalt nichts erfahre. In der Hauptver-
handlung können auf den Vertheidiger die Bestimmungen über die Fernhaltung noch
nicht vernommener Zeugen nicht angewendet werden, und umgekehrt kann er während
seiner Vernehmung als Zeuge seine Pflichten als Vertheidiger nicht erfüllen und es
hat daher der Französische Kassationshof (Hélie, Théorie, VIII. 501) zum mindesten
für unerläßlich erklärt, daß der nothwendige Vertheidiger während seiner Abhörung
als Zeuge in seiner Funktion als Vertheidiger durch einen Anderen vertreten werde;
noch schwerer kann er nach seiner Vernehmung, zumal wenn er etwa genöthigt war,
zum Nachtheil des Angeklagten auszusagen, dessen Interessen noch weiter wahr-
nehmen. Die Deutsche Strafp. O. enthält indeß keine Bestimmung über die Un-
vereinbarkeit der beiden Stellungen. Die Bestimmung des § 52 3Z. 2 der Deutschen
StrasPO., auf die später zurückzukommen ist, entscheidet die Frage weder in dem
einen noch im anderen Sinne, sie beweist nicht die Unvereinbarkeit der beiden
Stellungen (worauf die Worte Keller's zu deuten scheinen: „auch derjenige, welcher
durch einen Anderen ersetzt werden kann"), da sie nur für Aussagen über einzelne
Gegenstände ertheilt ist; sie beweist aber auch nicht ohne Weiteres das Gegentheil,
da es dort nicht darauf ankommt, daß Jemand jetzt in dieser Sache als Vertheidiger
fungirt, sondern daß er das, worüber er aussagen soll, als Vertheidiger dieses
Beschuldigten erfahren hat. — Die Oesterr. StrafP O. (§ 40) schließt den Zeugen
von der Vertheidigung (nicht den Vertheidiger vom Zeugniß) aus. Um den Be-
schuldigten vor Beirrung in seiner freien Wahl möglichst zu schützen, unterscheidet
sie zwischen Vorverfahren und Hauptverhandlung; bezüglich des ersteren stellt sie es
dem Ermessen der Rathskammer anheim, ob in demselben ein Vertheidiger zugelassen
werden solle, der als Zeuge vernommen wurde oder zur Hauptverhandlung vor-
geladen werden soll. Umgekehrt schließt von der Vertheidigung in der Hauptver-
handlung der Umstand nicht aus, daß der dazu Bestimmte im Vorverfahren als
Zeuge vernommen wurde: ausdrücklich ausgeschlossen sind nur „Diejenigen, welche
als Zeugen zu derselben vorgeladen wurden“. Da nach Oesterr. Recht über die
Vorladung nie blos das Ermessen der Partei entscheidet, so fehlt es dem Angeklagten
nicht an Mitteln, geltend zu machen, daß ihm durch die beabsichtigte Zeugenladung
ohne Noth der erwünschte Vertheidiger entzogen werde. Auch hier ist aber die
Frage nicht gelöst, was angesichts der erst in der Hauptverhandlung hervortretenden
Nothwendigkeit der Vernehmung des Vertheidigers geschehen solle; nur das steht fest,
daß die Nothwendigkeit des Zeugnisses den Ausschlag selbst gegenüber dem gerecht-
fertigten Wunsche, den Vertheidiger beizubehalten, giebt. Der Vertheidiger ist nicht
vom Zeugniß ausgeschlossen, nur der vorgeladene Zeuge von der Vertheidigung.
Unzweifelhaft drückt sich darin der Wunsch des Gesetzes aus, die Kollision, so viel wie
möglich, zu vermeiden. Allein daraus folgt nicht, daß die Ausschließung des Ver-
theidigers auch dann eintreten müsse, wenn sich die Nothwendigkeit der Vernehmung
erst in der Hauptverhandlung herausstellt. Das Gericht wird die Umstände des
Falles und billig auch die Wünsche des Angeklagten berücksichtigen und davon es
abhängig machen, ob die Verhandlung mit demselben Vertheidiger oder unter Zu-
ziehung eines anderen Vertheidigers fortzusetzen oder, wo dies nicht möglich, abzu-
brechen und zu erneuern sei.
III. Unzulässige und verdächtige Zeugen. Sieht man von denjenigen
ab, deren Prozeßstellung mit der eines Zeugen in derselben Strafsache unvereinbar
ist, so hat man noch die mannigfachsten Verhältnisse zu berücksichtigen, welche