Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zeugenbeneis. 1415 
unmöglich sicher festhalten kann, Rechnungen, Tagebuchnotizen u. dgl. zu benutzen. 
Aber auch dabei muß nöthigenfalls Kontrole geübt werden: es handelt sich darum, 
daß der Zeuge seine Erinnerungen auffrischen könne, nicht aber, daß einem Dritten 
ein Mittel geboten werde, seine Aussage ihm vorzuschreiben. — 
4) Ist bei stummen oder tauben. Personen die Verständigung durch die Schrift 
nicht möglich, oder macht die Verschiedenheit der Sprache den direkten amtlichen 
Verkehr des Richters mit dem Zeugen (bei Anwesenheit anderer Betheiligter deren 
Theilnahme am Verhör) unmöglich, so muß durch Herbeiziehung eines Dolmetsch 
die Vermittelung erzielt werden. Bei Verschiedenheit der Sprache gilt als Regel, 
daß das Protokoll in beiden Sprachen ausgenommen werde (§8 187 und 188 des 
Deutschen G.; §8 163 und 164 der Oesterr. Stras O.). 
5) Die Vernehmung beginnt mit der Feststellung der Persönlichkeit des Zeugen 
und seiner Verhältnisse, soweit es des letzteren für die Zwecke des Verfahrens bedarf 
E 67 der Deutschen, § 165 der Oesterr. StrafP O.). Die mitunter vorkommende 
Unterscheidung zwischen Personal= und Generalfragen, von denen letztere die 
Beziehungen des Zeugen zur Sache und zum Beschuldigten bezeichnen sollen, ist 
ohne Bedeutung. Wichtig ist dagegen der Umfang der in solchem Falle zu stellenden 
Fragen. An der Spitze steht hier das Verhältniß zum Beschuldigten und Ver- 
letzten; danach muß gefragt werden, wenn es nicht ganz außer Zweifel steht, daß 
nichts vorliegt, was entweder das Recht zur Zeugnißverweigerung begründen könnte 
oder ein Licht über die Glaubwürdigkeit des Zeugen verbreiten könnte. In letzterer 
Hinsicht nachzuforschen, kann übrigens der Fortsetzung des Verhöres, dem Verhör 
zur Sache, vorbehalten werden. Was insbesondere die Frage nach dem Vorleben 
des Zeugen, nach erlittenen Verurtheilungen u. f. w. betrifft, so deutet das Deutsche 
Gesetz mit den Worten: „erforderlichenfalls sind dem Zeugen Fragen über 
solche Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache be- 
treffen, vorzulegen“, hinlänglich an, daß der Zeuge nach Möglichkeit geschont werden 
soll. Dies gilt namentlich von der öffentlichen Hauptverhandlung; aber auch schon 
bezüglich der Vernehmung durch den Untersuchungsrichter ist im 166 der Oesterr. 
StrafP O. angeordnet, daß nach vorausgegangenen strafgerichtlichen Untersuchungen 
und deren Ergebniß nicht gefragt werden soll, wenn es nicht „nach den besonderen 
Umständen des Falles unumgänglich nothwendig ist"“. 
6) Vor Beginn der Vernehmung zur Sache muß dem Vernommenen vollkommen 
klar gemacht sein, daß er als Zeuge in einer Strafsache und unter der hiermit ver- 
bundenen Verantwortlichkeit aussage. Es genügt nicht, daß dies der Erschienene schon 
aus der Ladung wissen soll und kann. Nach der Oesterr. Straft O. (§ 165) 
geht eine Mahnung, unter ausdrücklicher Hinweisung auf die eventuell bevorstehende 
Beeidigung, selbst den allgemeinen Fragen voran. In der Hauptverhandlung bildet 
nach Deutschem wie Oesterr. Recht die vorausgehende Beeidigung die Regel 
und überhebt jeden Zweifels, wobei wieder umgekehrt die Beeidigung nach Deutschem 
Recht der Beantwortung der allgemeinen Fragen vorangeht, nach Oesterr. Recht 
ihr nachfolgt. Für die Vernehmung im Vorverfahren schreibt § 68 der Deutschen 
StrafP O. vor, daß vor derselben dem Zeugen „der Gegenstand der Untersuchung 
und die Person des Beschuldigten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen 
ist", eine Anordnung, deren unbedingte Geltung auch für das Vorverfahren doch 
auch die Sicherung der Wahrheit erschweren, namentlich den Zeugen zum Nachtheil 
des ihm namhaft gemachten Beschuldigten, auf welchen vielleicht sein Verdacht sich 
noch nicht gelenkt hatte, beeinflussen oder von der Angabe solcher Umstände, die er 
sonst für wichtig gehalten hätte, abhalten kann. 
7) Die Vernehmung zur Sache ist eine wesentlich verschiedene, je nachdem sie 
im Vorverfahren oder in der Hauptverhandlung (zumal als wiederholte) erfolgt. Im 
Allgemeinen zeichnen unsere Gesetze derselben aber den Gang vor, daß zunächst dem 
Zeugen zu zusammenhängender Darlegung des Gegenstandes seiner Vernehmung Gc-
	        
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