1416 Zeugenbeweis.
legenheit gegeben werden soll, und daß erst, wenn dies geschehen oder nicht zu
erreichen ist, einzelne Fragen (besondere Fragen) an ihn gerichtet werden sollen
(§ 68 der Deutschen, § 167 der Oesterr. StrafPO.). Der Zweck dieser Fragen
ist zunächst Ergänzung der spontanen Aussage und Aufklärung dessen, was in der-
selben dunkel oder widersprechend scheint, sodann Gewinnung von Anhaltspunkten
für die Beurtheilung des Werthes der Zeugenaussage. Dabei handelt
es sich in erster Linie darum, Klarheit darüber zu erlangen, daß die Aussage wirklich
ein Zeugniß, eine Aussage Über eigene Wahrnehmung des Zeugen ist; zu diesem
Zweck ist der Grund seines vermeintlichen Wissens zu ermitteln. Das Verbot von
Suggestivfragen kann nicht unbedingt hingestellt werden (vgl. letzten Satz des.
§ 167 der Oesterr. Strafß O.), und zumal bei wiederholter Vernehmung des Zeugen
in der Hauptverhandlung kann mit dem Versuch, sie zu ersparen, eine zwecklose,
fast lächerliche Weitwendigkeit verbunden sein; andererseits lassen sich sehr entschiedene
Vorhalte bei bedenklich zurückhaltenden Zeugen gar nicht vermeiden. So wenig sich
seste Regeln aufstellen lassen, so wichtig ist es, daß festgehalten werde, was der
Zweck der Fragestellung ist, weil nur auf diese Weise die aus dem Fragerecht
der Parteien unvermeidlich entspringenden Streitigkeiten vor Gericht entschieden
werden können. Insofern hat die Theorie des Z. als die Darstellung der
Gründe, auf denen die Beweiskraft des Zeugnisses ruht, und derjenigen, welche
diese schwächen und untergraben, auch für das geltende Recht, trotz der Freiheit der
richterlichen Beweiswürdigung und der meist ausgeschlossenen Ueberprüfung derselben,
eine sehr große Bedeutung. «
VIII. Ueber den Zeugeneid s. d. Art. Gidesformel Bd. J. S. 613 und
im Art. Beweisverfahren Bd. J. S. 382.
IX. Ueber Zeugengebühren s. diesen Art. Bd. III. S. 1417 u. 870 der
Deutschen StrafPO. Daß sie demjenigen nicht zukommen, der der Ladung nachkam und
dann rechtmäßig das Zeugniß verweigerte (v. Schwarze), halte ich nicht für richtig.
GEsgb. u. Lit.: Mathaeus, De criminibus, Ad. 1. 47, tit. 15 cap. 2—4. — Prosp-.
Farinacius, Tract. de testibus. — Carpzovius, Practica nova, III. qu. 114. —
Böhmer, Observationes selectae, Obs. 2—11 ad. h. quaest.; Derselbe, Medit. in C.C.C.
ad art. 63 ss. — Filangieri, Scienza della Legislazione, 1. III. Parte I. cap. 9, 12—15.%
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