Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1422 geugnißzwang. 
nungsstrafen keine Anwendung fänden, also eine Lücke vorhanden sein würde, falls 
es sich um solche handelte (vgl. Dochow, Zeugnißzwang, S. 45). Sind die erwähnten 
Bestimmungen aber anwendbar, so muß das Nichterscheinen als Vergehen behandelt 
werden und ist demnach der Mindestbetrag der Geldstrafe 8 Mark und bei deren 
Umwandlung der Betrag von 3—15 Mark einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich 
zu achten. Ebenso wird § 28 Abs. 4 zur Anwendung zu bringen sein, während 
Abs. 1 durch die ausdrückliche Vorschrift der Prozeßordnung über die Strafumwandlung, 
ausgeschlossen ist. Dem steht freilich die communis opinio, der sich auch Dochow, 
S. 46, bezüglich der §§ 28 und 29 anschließt, sowie die Aeußerungen der Bundes- 
rathsbevollmächtigten (uvgl. Hahn, II. 625) in der Reichsjustizkommission entgegen. 
Doch wird häufig eine Ausnahme wenigstens bezüglich des § 18 Abs. 2 gemacht, 
da es an besonderen Bestimmungen über die Vollstreckung der Haft mangelt (val. 
J. B. Geyer, Handb., S. 512 ff.; Löwe, S. 276). Nach Endemann, S. 214 
N. 5, sollen freilich §8 785 ff. der CPO. für die Vollstreckung maßgebend sein, 
was schon darum nicht angeht, weil diese Paragraphen sich lediglich auf die Haft- 
vollstreckung zum Zweck einer executio ad faciendum beziehen (vgl. auch Struck- 
mann und Koch, S. 324 N. 1; Seuffert, S. 411; Gaupp, S. 261; 
Puchelt, S. 176); v. Sarwey, S. 508; Seuffert, l.c., erklären wenigstens 
den § 29 für anwendbar. — Bei der Auferlegung der Strafe ist die eventuelle 
Umwandlung gleichzeitig vorzunehmen, wobei natürlich nur auf die verwirkte Geld- 
strafe, nicht auch auf den Betrag der Kosten Rücksicht zu nehmen ist. Unter den 
letzteren sind sowol die durch Vereitelung des Termines entstandenen, also namentlich 
die für Neuladung der erschienenen Zeugen, Anwaltsgebühren 2c., als auch die durch 
Vollstreckung der Strafe selbst entstandenen begriffen. — Ausgeschlossen ist jede Be- 
strafung, wenn Gründe vorhanden sind, welche das Erscheinen unmöglich machen, 
z. B. Krankheit, wol auch andere dringende Abhaltungen, nicht jedoch zu große 
Entfernung, vorausgesetzt, daß von der Verhinderung rechtzeitig Anzeige gemacht worden 
ist. Ob die Gründe zur Entschuldigung genügen, hat der Richter nach seinem Er- 
messen zu entscheiden. Erfolgt die Entschuldigung nachträglich, so werden die gegen 
den Zeugen getroffenen Anordnungen wieder aufgehoben, auch die Verurtheilung in 
die Kosten, selbst dann, wenn die Verspätung lediglich dem Zeugen zur Last fällt 
(§ 346 der CPO.; 8§ 50 Abs. 2 der StrafPO.). Daß das Gericht nach Lage der Um- 
stände die getroffene Anordnung nur theilweise wieder aufzuheben brauche, also z. B. 
die Verurtheilung im Kostenpunkt bestehen lassen könne (vgl. Struckmann und 
Koch, S. 326 N. 1; Gaupp, S. 262; v. Sarwey, S. 506; Keller, S. 55 
N. 10; v. Schwarze, S. 174 N. 13; anderer Meinung Seuffert, S. 412), 
entspräche zwar den Forderungen der Billigkeit, ist aber durch die Fassung des Ge- 
setzes wol ausgeschlossen. — Das mehrmalige Ausbleiben eines wiederholt geladenen 
Zeugen darf nicht wie die Verweigerung des Zeugnisses, als eine einheitliche Handlung 
angesehen werden, es ist vielmehr jeder neue Ungehorsam ein neues Delikt, das eine 
neue Bestrafung rechtfertigte. Jedoch kann eine Beschränkung hier aus praktischen 
Gründen geboten erscheinen. Die Prozeßordnungen enthalten in dieser Beziehung 
die wörtlich übereinstimmende Vorschrift: „Im Fall wiederholten Ausbleibens kann 
die Strafe noch einmal erkannt werden“". Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend, 
ist hier das „noch einmal“, kaum anders als limitativ zu verstehen, also in dem 
Sinne von: „nur noch einmal"“. Trotzdem erklärte bei der Verhandlung der Reichs- 
justizkommission über § 374 der CPO. der Abgeordnete Struckmann, man sei bei 
Berathung des § 345 davon ausgegangen, daß die dort statuirte Strafe nicht nur 
zweimal, sondern fort und fort ausgesprochen werden könne, welcher Auffassung der 
Bundesrathsbevollmächtigte beitrat (Hahn, II. S. 642). Wollte man diese 
Aeußerungen für eine authentische Interpretation halten, so müßte man sie natürlich 
auch auf den § 50 der StrafPO. ausdehnen. Im Allgemeinen hat diese Ansicht 
mit Recht keinen Beifall gefunden (vgl. die Literaturangaben bei Struckmann
	        
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