1522 Ladeschein.
418 8 1). Die frühere reglementsmäßige Ablehnung der Ausstellung von L. seitens
der Deutschen Eisenbahnen (Eisenbahnbetriebsreglement vom 10. Juni 1870 B. 85 5
Nr. 6) ist in das Eisenbahnbetriebsreglement vom 11. Mai 1874 nicht übergegangen in
Uebereinstimmung mit dem Oesterr.-Ungarischen Reglement. Ist die Ausstellung eines.
L. verabredet, so kann der Absender einen den Anforderungen des Art. 414 entsprechenden,
auch an Order lautenden L. verlangen. Hat der V. nicht den dort erforderten Inhalt,
so ist es Einzelnfrage, ob der Urkunde die Eigenschaft von L. beiwohnt. Von Fracht-
briefen unterscheidet sich der L. dadurch, daß er die Unterschrift des Frachtführers
trägt und in die Hand des Absenders und seiner Rechtsnachfolger gelangt; während
der Frachtbrief vom Absender ausgestellt für den Frachtführer bestimmt ist. Eine
nach den Erfordernissen des L. ausgestellte Urkunde, welche im Besitz des Fracht-
führers verblieben ist, hat Mangels Aushändigung die Eigenschaft eines L. nicht
erlangt. Der L. ist ebenso wie das Konnossement Orderpapier nur dann, wenn er
ausdrücklich die Stellung „an Order" oder einen gleichbedeutenden Ausdruck (Art.
301, 302 des HGB.) enthält. Die Unterschrift des L. ist durch Art. 414 § 2
zum Zwangserforderniß erhoben; Schreibensunkundige haben nach Landesgesetz zu
verfahren. Ein Vertretung des Frachtführers in der Unterschrift ist gewohnheits-
rechtlich nicht üblich. (Vgl. Urth. des Reichsger. in Blum-Braun, Annalen II. 564.)
Wenn sich nach Art. 418 § 2 des H###B. der Frachtführer durch Ausstellung
des L. zur Aushändigung des Gutes an den legitimirten Inhaber verpflichtet, so ist
damit nicht ein abstraktes Lieferungsversprechen gegeben, sondern nur eine Ablieferungs-
verpflichtung übernommen, nach Inhalt des Frachtvertrags; also kein dare, sondern
nur ein restituere. Der Frachtführer ist nur zur Zurückgabe der empfangenen
Spezies verbunden, sofern er hiervon nicht nach den den Frachtvertrag beherrschenden
Bestimmungen (Art. 419) befreit ist; er kann nicht nur Einreden aus Art. 395
bis 397, d. h. aus vis major, einem Verderb des Gutes, schuldlose Versäumniß der
Lieferfrist entgegensetzen, sondern kann auch gegen das im L. enthaltene Anerkenntniß
des Empfangs des Gutes in der angegebenen Quantität und Oualität den Gegenbeweis
führen und sich so von der Vertretung des L. befreien. Es besteht hier eine Ab-
weichung gegen die Verpflichtung aus dem Seekonnossement, dort ist der Schiffer
verpflichtet das Gut „nach Inhalt des Konnossements“ abzuliefern; er muß alfo den
Inhalt des Konnossements unbedingt vertreten. (Lewis, Das Deutsche Seerecht, I.
S. 309; Entsch. des ROPG. III. S. 24.) Die Ansicht, daß ein gleicher Grundsatz
auch für den L. gelte, hat in Goldschmidt seinen Vertreter (Handbuch des
Handelsrechts, II. S. 764). Literaturnachweis über die Frage: Entsch. d. ROPH#G.
VIII. 414.
Da der legitimirte Inhaber des L. selbständiger Gläubiger betreffs der vorbezeichneten
Rechte aus dem Frachtvertrage ist, so können ihm Einreden aus der Person seiner
Vormänner vom Frachtführer nicht entgegengesetzt werden. Der Inhaber des L. ist
nur nach Inhalt der Urkunde verpflichtet; die im L. nicht aufgenommenen Bestimmungen
des Frachtvertrages können ihm nicht entgegengesetzt werden; dagegen können ab-
weichende, z. B. den Frachtlohn ändernde Einreden, dem Frachtführer entgegengesetzt
werden.
Der Frachtführer, welcher einen L. ausgestellt hat, darf nicht mehr den Anordnungen
des Absenders folgen, sofern derselbe sich nicht durch Besitz des L. als noch berechtigt
ausweist und was Zurückgabe des Gutes oder Ablieferung an einen Anderen als.
den im L. legitimirten Empfänger betrifft, den L. an den Frachtführer zurückgiebt.
Der Unterschied mit dem Frachtbrief (Art. 402) tritt hier hervor.
Folgerecht ist in Art. 418 des HGB. bestimmt, daß der Frachtführer nur
gegen Rückgabe des L. zur Aushändigung des Gutes verpflichtet ist; der Frachtführer
kann, sofern der Inhaber des L. sich nicht meldet, nach Art. 407 verfahren.
Betreffend die mit der Uebertragung des L. verbundene unmittelbar die Waare
ergreifende dingliche Wirkung vgl. den Art. Konnossement.