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commerce“ seitens der Mächte zu Theil geworden ist. Der Wortlaut würde nur
rechtfertigen, etwa solchen fremden Schiffen, welche den Strom aus anderen als
Handelszwecken befahren wollen, dies zu verwehren; man hat aber in diese Worte
den Sinn hineingelegt, daß nur die Angehörigen der Staaten, durch welche der
Strom fließt, berechtigt sein sollen, denselben in seiner ganzen Ausdehnung, also
über die Grenzen des eigenen Landesgebietes hinaus, zu befahren. In diesem Sinne
treffen auch die bezüglichen Stromreglements Bestimmungen. Auf der Konferenz zu
Dresden am 18. Juni 1819 deklarirte Oesterreich bereits den Art. 109 in dieser
Weise. Der Oesterreichische Vertreter erklärte: „La pensée des hautes parties con-
tractantes à Vienne paratft avoir é4é de reconnaftre aux seuls sujets riverains
le droit à la libre navigation et non d'étendre aux non-riverains cet avantage
vour lequel il n'“ yaurait pas de réciprocité.“ — Auch in einer Depesche des
Preußischen Ministers von Manteuffel vom 20. August 1857 an den Vertreter
Preußens bei der Europäischen Donau-Kommission heißt es: „Nach den Verhand-
lungen der Wiener Kongreßacte über Art. 109 ist es nicht zweifelhaft, daß es nicht
in der Absicht jener Acte gelegen hat, den Nicht-Uferstaaten ein Recht zur Schiff-
fahrt auf den konventionellen Flüssen beizulegen."
Bei mehreren Europäischen Hauptflüssen sind durch besondere Konventionen noch
folgende Grundsätze festgestellt worden: 1. Die Schiffahrt soll so wenig wie möglich
in ihrer Freiheit gehemmt werden. Daher dürfen Stapelplätze und gezwungener
Umschlag ferner nicht eingerichtet und nur da beibehalten werden, wo sie sich für
den Schiffsverkehr und Handel als nützlich erweisen. 2. Die Schiffahrtsabgaben
sollen unabhängig von dem Werthe und der Beschaffenheit der Waaren bestimmt
werden, jedoch niemals den Betrag übersteigen, den sie im Juni 1815 hatten.
3. Ein und dieselbe Schiffahrtspolizei soll für die ganze gemeinschaftliche Schiff-
fahrtsstrecke durch gemeinsames Einverständniß hergestellt werden. Jeder Uferstaat
hat für die Unterhaltung der Leinpfade, Treppelwege und für die nothwendige Ver-
tiefung des Strombettes zu sorgen.
Lit.: Hugo Grotius, Mere liberum sive de jure quod Batavis competit ad Indicana
commercia dissertatio. — Selden, Mare clausum sive de dominio maris. — Bynkers-
hoek, De dominio maris. — He eff ters Ig- Europäische Völkerrecht, 88 55, 74 ff. —
Blunis chli, Das moderne Jöchrie ff. — Revue de droit international 1879,
Heft 4. L. Geßner.
Testamenti factio, sprachlich zunächst Testamentserrichtung, sodann die
testamenti faciendi facultas oder Testirfähigkeit, bezeichnete in weiterem Sinne
seit Aufkommen des Manzipationstestaments die öffentlich-rechtliche Fähigkeit des
commercium mortis causa, d. h. bei dem civilen Testirakte betheiligt zu sein:
als Testator, als femiliae emtor und heres (Bedachter), als Zeuge; wer solche
Fähigkeit nicht hat, insbesondere verloren hat, ist intestabilis. Unrömisch
und unvollständig ist die Eintheilung der t. f. in activa und passivra. Im
späteren Rechte fällt letztere mit der Erbfähigkeit zusammen; die Testaments-
zeugenfähigkeit aber fehlt aus natürlichem Grunde den Wahnsinnigen, Taub-
stummen, Blinden (für mündliche Testamente bestritten), aus rechtlichem Grunde
Frauen, Geschlechtsunreifen, prodigis, dem Erben und mit diesem Gewaltver-
bundenen, gewissen Verbrechern. Die neueren Gesetzgebungen, welche außergericht-
liches Testament anerkennen, haben diese Unfähigkeitsgründe zeitgemäß umgestaltet;
das Sächs. BG#. schließt Taube, Blinde und Stumme mit Recht ganz aus. Der
Testirfähigkeit aber, d. h. der Fähigkeit zur Testamentserrichtung, ermangelt
nach neuerem Röm. Recht (abgesehen vom Mangel des commercium überhaupt:
Sklaven, Peregrinen, capite deminuti): 1) der eines rechtlichen Willens Unfähige,
also der Wahnsinnige abgesehen von lichten Zwischenräumen, und der Geschlechts-
unreife (dagegen ist testirfähig der geschlechtsreife Minor; Mitwirkung eines Vor-
mundes würde den Akt unförmlich machen); 2) weil ihm das commercium unter-