Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Testamentsvollstrecker. 873 
eines Kalendertages überschritten worden; b) die Zeugen bzw. die Behörde müssen 
zu eben dieser Mitwirkung fähig (s. d. Art. Testamenti factio) und aufgefordert 
(rogati) und bei dem gesammten Akte zugegen gewesen sein. — Im Mittelalter machte 
sich, ohne jedoch in Deutschland gemeinrechtlich zu werden, als öffentliches geltend das. 
sog. Kanonische Testament, errichtet vor dem zuständigen Pfarrer und zwei Zeugen. 
Als in Deutschland das Röm. Recht der Testamente sich einbürgerte, geschah dies auch 
rücksichtlich der Errichtungsform mehr dem Namen als der Sache nach, was vornehmlich 
in der Zulassung des gemeinschaftlichen Testaments hervortritt (s. d. Art. Test. 
correspectivum und reciprocum). Sodann neigen die Reichsgesetze der Ver- 
drängung der rein mündlichen, die Praxis überwiegend der öffentlichen Form sich 
zu, bestehend in „gerichtlicher“ Aufnahme bzw. Annahme des Testaments. Im Preuß. 
Allg. LR. ist das Privattestament sogar abgeschafft, ordentliche Form nur die gericht- 
liche, entweder durch Uebergabe an das gehörig besetzte Gericht oder durch Erklärung 
zu gerichtlichem Protokoll; wogegen wieder Oesterreich sämmtliche gemeinrechtliche Formen 
kennt: die außergerichtliche und gerichtliche, in beiden die schriftliche und mündliche, 
bei ersterer die mit (3) und die ohne Zeugen (t. holographum). Das Franz. Recht, 
welches testamentarische Erbfolge nicht kennt, weshalb das sog. testament nur 
dem Namen nach ein solches ist, unterscheidet: t. par acte public, ein mündliches, 
diktirt vor 2 Notaren und 2 Zeugen bzw. 1 Notar und 4 Zeugen; test. mystique, 
ein schriftliches, vom Testator versiegeltes und sodann einem Notar und 6 Zeugen 
produzirtes; test. olographe, das eigenhändig geschriebene ohne weitere Form. Das. 
Sächfs. BG. kehrt zum Gem. Recht zurück, nur dessen Formen vereinfachend; es 
gestattet daher 1) gerichtliche Errichtung entweder durch Uebergabe einer Schrift 
oder durch Erklärung des Willens zu Protokoll, 2) außergerichtliche vor fünf Zeugen, 
wiederum entweder schriftlich oder mündlich; bei letzterem ist Hinzukommen einer 
Beweisurkunde nicht wesentlich. 
Lit. u. Quellen: Glück, Bd. 34 u. 35. — Ver ing.. RNöm. Erbr., S. 175 ff. — 
Lewes, Syst. t 23—33. —Mindscheit Lehrb., III. 88 5 40 fl — lnst. 2 10; D. 28, 
Not.-Ord. v. 1512 Tit. 1 — Preuß. Allg. L. N. I. 12 66 
"v- Wos. §§ 577 ff. lEs BGB. 2092 ff., 2100. — Mommsen, Mm0 
  
Testamentsvollstrecker, d. h. diejenige Person, welcher vom Erblasser ein- 
seitig auf den Todesfall die Befugniß ertheilt worden ist, die zur Konstituirung und 
Vertheilung des Nachlasses unter die Erben, eventuell auch zur Verwaltung nöthigen 
Rechtsgeschäfte mit direkt für die Erben wirkender Kraft vorzunehmen. In dieser 
im modernen Recht anerkannten Möglichkeit, den Erben in der Verfügung über 
den Nachlaß zu beschränken, liegt eine Erweiterung der Testirbefugniß und zwar 
dahin, daß der Testator dem Erben einen Repräsentanten setzen kann, welchen dieser 
nicht ohne Weiteres zu entfernen befugt ist. Die namentlich früher vielfach in der 
Theorie zur Konstruktion des Verhältnisses des T. zum Erben herangezogene Lehre 
vom Mandat — wovon auch das Preuß. Allg. LR. Thl. I. Tit. 12 88§ 557 ff. 
und das Oester. BGB. 8§ 816 beeinflußt sind — ist völlig verwerflich. Da aber 
über das Prinzip der Lehre bis jetzt keine Einigung hat erzielt werden können, so 
herrscht fast auch in Bezug auf alle einzelnen Punkte Streit. Gemeinrechtlich und 
nach Preuß. Recht kann der T. nur in einer letztwilligen Verfügung, Testament 
oder Kodizill oder Erbvertrag, nicht aber in jeder beliebigen Erklärung — freilich 
läßt ein großer Theil der Germanisten das zu — ernannt werden. Auch muß nach 
Gemeinem und Preuß. Recht ein zwischen dem künftigen Erblasser und dem T. auf 
Uebernahme der T. vollstreckung geschlossener Vertrag — so auch das Sächs. BGB. 
§ 2230 — als gültig angesehen werden. Die Befugnisse des T. richten sich haupt- 
sächlich nach den vom Erblasser gemachten Anordnungen, welcher ihm eine größere 
oder geringere Machtvollkommenheit geben kann. Mangels einer derartigen Ver- 
fügung, also z. B. wenn die letztwillige Disposition nur lautet: „Ich ernenne X.
	        
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