Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

886 Thronfolge. 
in dem neuen Hause (3. B. Lothringen) die T. sofort wieder in eine agnatische, 
d. h. der Vorzug des Mannsstammes tritt wieder ein, bis derselbe etwa von 
Neuem erlischt. 
Was die außerordentliche T. betrifft, so konnte nach früherem Recht, wenn 
Successionsberechtigte gar nicht mehr vorhanden waren, entweder der Lehnsherr ein- 
seitig oder das Haus unter Genehmigung des Lehnsherrn über die T. anderweitig 
verfügen. Die anderweitigen Verfügungen des Lehnsherrn waren entweder Expek- 
tangen oder Eventualbelehnungen; die Expektanzen enthalten lediglich das Ver- 
sprechen, daß bei eingetretenem Heimfall eine Belehnung erfolgen solle, sie begründen 
also nur ein Forderungsrecht gegen den Expektanzverleiher und seine Rechtsnach- 
folger: die Eventualbelehnungen enthalten dagegen eine förmliche Belehnung, be- 
gründen also ein dingliches Recht, dessen Wirksamkeit zwar von einer Bedingung 
abhängig ist, mit Eintritt derselben aber sofort, ohne daß eine weitere Handlung 
des Lehnsherrn erforderlich war, wirksam wird. Da nun im Allgemeinen der Satz 
gilt, daß das Deutsche Reich zwar aufgelöst, aber nicht rückwärts annullirt ist und 
demgemäß alle durch Akte der Reichsstaatsgewalt begründeten Rechte als fortbestehend 
betrachtet werden, sofern sie sich unabhängig von Kaiser und Reich geltend machen 
können, so folgt daraus, daß nach dem Untergange des Reiches und dem Wegfall 
des Lehnsherrn zwar die Expektanzen erloschen sind, da es an einem zur Erfüllung 
verpflichteten Subjekte fehlt, daß dagegen die Eventualbelehnungen noch jetzt wirksam 
werden können, da sie zu ihrer Geltendmachung Kaiser und Reich nicht voraus- 
setzen; indessen kann pendente conditione der Eintritt des eventus auf alle Weise 
vereitelt werden. 
Die Dispositionen des Hauses waren in früherer Zeit entweder Testamente oder 
Erbverträge, resp. Erbverbrüderungen. Die Gültigkeit solcher Dispositionen war 
aber zu Reichszeiten durch die Zustimmung theils des Kaisers, theils der Successions= 
berechtigten bedingt; die Testamente enthielten nur der Form nach einseitige Dis- 
positionen, wenn nicht etwa der Testator der letzte seines Stammes war, und gar 
keine Successionsberechtigten existirten; auch ist durch Testamente mehr die T.ordnung 
modifizirt. Die zur Zeit ihrer Entstehung ungültigen Testamente und Erbverträge 
(insbesondere die vom Kaiser nicht bestätigten Erbverträge) gelten an sich nach der 
regula Catoniana auch gegenwärtig nicht. Dagegen müssen die zu ihrer Zeit gültigen 
Testamente und Erbverträge auch heutzutage noch ihre Wirkungen äußern, sofern sie 
nicht mit obersten Grundsätzen des modernen Staatsrechts. insbesondere der Untheil- 
barkeit Deutscher Staatsgebiete in Widerspruch stehen. Außerdem sind neue der- 
artige Dispositionen ohne Mitwirkung der Landesvertretung nicht mehr möglich. 
Sollte es endlich beim Tode des letzten Throninhabers an jeder Vorsorge fehlen, 
so würde der Landesvertretung als dem alsdann einzig berechtigten Organ die 
Wiederbesetzung des Throns zustehen (Preuß. Verfg. Art. 57). 
Lit.: H. Schulze, Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Kürstenhäuser, Band 1. 
Zena 1862. — Bachrig, Deutsches Staats= und Bundesrecht, 3. Aufiage 1365, Th. 
346 ff. — Zöpfl, Grundsätze des gem. Deutschen Staatsrechts, 5 Aufl. 1863, Rd. I 
685 ff. — v. Held, System des Verfg.-Rechts, Bd. II. (1857) S. 247 ff. — v. Gerber, 
Einostbrt , 2. Aufl. 1869, S. 94 4 — v. Rönne, Staatsrecht der Preuß. Monarchie, 3. 
Aufl. 1869, Th. I. Abth. 1 S. 149 ff. — H. Schu lze, Das Preußische Staatsrecht auf 
Grundl. des Deutschen See a Abth. 1 1870 S. 172 ff.; Derselbe, Art. Thronfolge 
in Bluntschli's Staats Wört. B., Bd. X. (1867) S. 518 ff. — Heffter, Die Sonderrechte 
der souveränen und der mediatisirten vormals reichsständischen Häuser Deutschlands, Berlin 
1871, bes. S. 196 ff. — v. Rönne, Das Verfassungsrecht des Deutschen Reichs, Leipz. 1872, 
S. 156 ff. — v. Mohl, Das Deutsche Reichsstaatsrecht, Tüb. 1873, S. 283 ff. — v. Held, 
Ueber die geschichtliche Entwicklung des Deutschen ahrorfolgerect in Aegidi's Zeitschrift 
für Deutsches Staatsrecht, Bd. I. (1867) S. 41 ff. — H. Schulze, Geschichtl. Entwickelung 
der fürstlichen Hausverfassung im st in der Zeitschrift für Rechtsgesch. Bd. VII. 
(1868) S. 323 ff.; Derselbe, Das Erb- und Familienrecht der Deutschen Dynasten des 
gLöstchd b 22 Halle. 1871. — v. Gerber, Ueber die Theilbarkeit Deutscher Staatsgebiete, in 
Aegidi's Zektschrift für Deutsches Staatzrecht, Bd. 1. (1867) S. 5 ff. Ernst Meier.
	        
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