Artikel 20, 21. Fries. 5
zu vertreten, welches Sie unter Nr. 17, II. 1a der Drucksachen zuerst mit
meiner Unterschrift versehen sinden. Das Amendement geht dahin, es möge
hinter die Worte „directen Wahlen“ eingeschaltet werden: „mit geheimer
Abstimmung". Der Artikel 21 des Entwurfs unterscheidet in
Betreff derjenigen Bestimmungen, die sich aus das Wahlversahren und
das Wahlrecht beziehen, solche, welche eine größere Festigkeit bekom-
men sollen durch die Aufnahme in die Verfassung, und solche,
denen eine leichtere Abänderung gewährt werden soll dadurch,
daß sie nur in dem Wahlgesetz enthalten sind. Zu den in die
VBersassung aufzunehmenden Fundamentalsätzen des Wahlgesetzes
sollen nach dem Entwurf gehören die Sätze, daß die Wahlen allgemeine,
und daß die Wahlen directe sein sollen. Meine Herren, ich euthalte mich
in dem Reichstage jeder Ausflrung darüber, ob das allgemeine und directe
Wahlrecht das richtige oder unrichtige Princip sei; ich bin der Ansicht, daß
derartige Erörterungen nicht an diese Stelle gehören, ich glaube, es wird sich
für den Reichstag empfehlen, über diese Frage nicht zu discutiren, sondern
abzustimmen. Was dagegen die Frage anlangt, ob geheime oder öffent-
liche Abstimmung stattsinden soll, so sollte ich meinen, daß diese Frage
eigentlich eine Streitfrage der Parteien nicht füglich sein könnte. Der Ge-
danke, welcher dem An verlangen nach geheimer Abstimmung zum
Grunde liegt, ist einfach der, daß die Abstimmung abgegeben werden soll
unbeeinflußt von außen. Und, meine Herren, Sie können sich die Be-
einflussung von außen in der verschiedensten Art denken; es ist
nicht allein zu besorgen, daß, wie wir in den Wahlprlifungesverhandlungen so
vielfach gehört haben, von der einen Seite Beeinflussungen stattfinden, Sie
können sich dieselben ganz in derselben Weise auch von der andern Seite
denken; auf der einen Seite steht der organisirte Terrorismus, und auf der
andern Seite der nicht organisirte. Den einen wollen wir uns fern halten
wie den andern, darin, glaube ich, sollten alle Parteien dieses Hauses üÜber-
einstimmen. Wohl weiß ich, meine Herren, daß man vielsach entgegengehal-
ten hat, es solle Derjenige, der politisch thätig ist, auch den Muth haben,
seine politische Ueberzeugung offen kund zu geben, und deshalb solle insbe-
sondere auch die Wahl eine öffentliche sein. Ja, meine Herren, wenn wir
es damit zu thun hätten, ein Gesetz zu geben für eine ideal gedachte Bevölke-
rung unter ideal gedachten Lebensverhältnissen, dann, meine Herren, wollte
ich diesem Einwurfe seine volle Berechtigung zugestehen. Aber, meine Herren,
so steht die Frage für uns nicht; wir haben das Wahlgesetz zu geben für
die Bevölkerung des Norddeutschen Bundes, für eine Bevölkerung mit ihren
bestimmt vorhandenen Vorzlgen und Gebrechen. Wir haben es zu vollzie-
hen unter den bestimmt gegebenen socialen, politischen und nationalen Ver-
hältnissen, in welchen die Personen leben, für welche wir das Gesetz zu er-
lassen haben. Und, meine Hermn, unter diesen thatsächlich gegebenen Ver-
hältnissen kommen wir doch mit dem gedachten Einwurfe nicht aus, es müsse