Artikel 32. Friesen. 155
um lediglich unfere par ticularen Interessen zu vertreten. (Lebhaftes
Bravo!) Wir haben es für unfere Pflicht gehalten, die bänder, die ung
hierher gefchickt haben, und die Regierungen, die wir zu vertreten haben, fo
weit es irgend ging, zugleich aber auch die großen Interesfen Deutsch-
lands, die äußeren und inneren, die großen confervativen Inter-
essen zu vertreten. (Lebhaftes, wie derholtes Bravol) Ich muß
Ihnen offen bekennen, ich halte gerade die Frage, die vorliegt, für
außerordentlich wichtig, deshalb für außerordeutlich wichtig, weil sie
nach meiner Ansicht und meiner Auffassung im innigsten Zufammen-
hange mit dem Artikel 21 des Verfaffungsentwurfes stcht. Ich
scheue mich nicht, es hier offen zu bekennen, daß der Artikel 21 des Ber-
fassungsentwurfes einer von deuen ist, wo mir die Zustimmung am
schwersten geworden ist; man wird das einem Manne, der sein ganzes
Leben der Vertheidlgung conservativer Interessen gewidmet hat, ulcht verdeu-
ken, daß er bedenklich war, einer Bestimmung, wie der im Artikel 21, feine
Zustimmung zu geben; ich brauche das nicht speciell zu rechtfertigen. Wir
haben vorgestern von fehr beredtem Munde auf Grund langer Erfahrungen
und historischer Studien ein Urtheil über das allgemeine Wahlrecht von
der Tribline gehört, das wohl einen jeden von uns bedenklich machen
konnte; ich habe aber dennoch diesem Paragraphen zugestimmt,
weil ich, wie die Sache nun elnmal liegt, nach der ganzen neuesten
Entwickelung der Geschichte nichts Anderes an die Stelle zu
setzen wüßte, und, ich fage das ganz offen, weil der Artikel 29
auch in der Verfaffungsurkunde stand. Dlefe beiden find für
mich unzertrennlich zufammenhängende Bestimmungen. Ich will
gar nicht verkennen, daß auch dieses Correctiv, wenn ich es so nennen
darf, gegen die möglicher weife nachtheiligen Folgen des allgemeinen
Wahlrechts auch feinerfeits wieder manche Bedenken hat, aber ich
bin fest überzeugt, daß die geehrten Herren, welche so nachtheilige Folgen
davon befürchten, diefe Folgen doch fehr Überschätzen. Ich bin fest
überzeugt, daß, auch wenn wir künftig keine Diäten bezahlen, es in Deutsch-
land unter allen Parteien — und ich nehme davon keine aus — noch
Münner genug geben wird, welche folche Opfer bringen können
und werden, (Bravo! Sehr wahr!) — auf kurzen Reichstagen, denn
hoffen tlich haben wir dann künftig keine so langen Verhand-
lungen mehr als bisher, (Lebhaftes Bravol) — die bereit sind einige
Opfer durch einen Aufenthalt in Berlin zu bringen; wie gefagt, ich habe
dieses Zutrauen zu allen Partelen, ich glaube, es giebt in allen Parteien
Müänner, die ein folches Opfer bringen. Für dielenigen aber unter Ihnen,
meine Herren, die nicht elner in Voraus festgestellten politischen Mei-
nung folgen, fondern die möglicherweife nachthelligen Folgen sehr hoch an-
schlagen, welche die Diätenlofigkelt haben könme, möchte ich doch noch darauf
aufmerkfam machen, daß wenn wir heute, oder Uberhaupt auf diefem Reichs-