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als achtzig Berliner faßen. (Einige Stimmen: Nein! Nicht richtig!) Ich
habe die Zahl allerdings nicht genau im Kopse; sie schwebte mir nur so un-
gesähr vor, ich möchte aber glauben, daß die Zahl nicht gerade sehr un-
richtig sein wird, und ich glaube, dieselbe Folge für die Wahl von
Berlinern würde das Fehlen der Diäten auch jetzt wieder haben; die
VBerliner würden im Preise steigen. Meine Herren, das wünsche
ich aber keineswegs, daß diese Rücksicht irgendwie ins Gewicht fiele, um
die Blicke der Wähler auf Candidaten zu richten, auf die sic sonst nicht ge-
fallen sein würden. Im Ganzen glanbe ich aber, das Resultat würde
nach beiden Seiten hin so zglemlich dasselbe sein. Es find gewiß
eine ziemlich große Anzahl von Beamten vorhanden, denen es schwer wer-
den würde, sich mehrere Monate in Berlin aufzuhalten, wenn keine Diäten
gezahlt würden. Ja, meine Herren, aber unter unsern Gutsbesitzern
fiad auch sehr viele, die nicht in der Lage sind, daß fie neben den audern
Unkosten und Verlusten, welche die Abwesenheit des Gutsherrn mit sich bringt,
auch noch den Mangel der Diäten ohne Weiteres zu ertragen geneigt und
im Stande wären. Die Rücksicht fällt nach der Seite hin auch ins Ge-
wicht; es ist mir aus mehreren Kreisen ausdricklich gesagt worden, daß
neben andern Motiven auch diese Motive von dem einen oder audern Guts-
besitzer dafür angeführt worden wären, daß er an dem diesmaligen Parla-
mente nicht theilnehmen wolle. Meine Herren, mit den weiteren Con-
elusionen, welche Herr Wagener zog, auf Selbstregierung und Bureaau-
kralie scheint mir diese Frage nicht in Verbindung zustehen. Aller-
dinge ist es der ticsgreifendste Unterschied, ob ein bezahltes Beamtenthum die
Geschäfte des Landes führt, oder ob diese von den bürgerlichen Kreisen selbst
gehandhabt werden. Aber entscheidend ist mir für die Krönung des Gebäudes
in dieser Beziehung nur der Umstand, daß es überhaupt Über die Selbst-
verwaltung in Gemeinden und Kreisen ein angesehenes, mächtiges Parla-
ment giebt. Denn ohne ein solches Parlament werden Sie eben so wenig
eine wirkliche Verwaltung in Kreisen und Gemeinden zu Stande bringen,
wie andererseits ein Parlament niemals ein wirklich organisches Gebilde des
Staates sein wird, so lange im Lande die unmittelbare Regierung ausschließ-
lich durch ein bezahltes Beamtenthum geführt wird. Aber die Frage, ob
die Mitglieder des Parlaments Diäten erhalten oder nicht, steht in meinen
Augen damit in gar kelner Verbindung. Die Entschädigung für Auslagen
ist auch in vielen andern Kreisen üblich, wo Niemand daran zweiselt, daß
trotzdem eine Selbstverwaltung vorhanden ist. In manchen Kreisen Deutsch-
lands werden auch in den localen Verwaltungen Entschädigungen für baare
Auslagen gczahlt, ebenso wie es in England in früheren Zeiten lblich war,
wo einst auch die Mitglieder des Parlaments Diäten erhielten, welche frei-
lich den jetzigen Verhältnissen durchaus unangemessen sein würden. Wenn
aber diese Frage ganz besonders nicht als eine abstracte betrachtet werden
muß, so können wir nicht nach den thatsächlichen Verhältnissen anderer Länder
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