Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Arnkel 20. 21. Friedenthal. 9 
leicht benutzt werden könne, um Carriere im Dienste zu machen. Diese 
Befurchtungen, meine Herren, wiegen bei mir doch nicht so schwer, 
wie der Ausschluß einer so bedeutenden geistigen Krast, wle die 
des Beamtenthums von der Gesetzgebung. Meine Herren, wenn ich nicht 
irre, ist der Conservatismus in dieser Versammlung stark vertreten, ein 
Grundprincip desselben ist, die geschichtliche Contiunität, den Zusammenhann. 
der politischen Dinge nicht zu unterbrechen. Ich glaube aber, daß, nachdem 
das Beamtenthum Jahrhunderte hindurch und noch bis jetzt an der Gesetz- 
gebung den wichtigsten Antheil genommen hat, — daß Sie allerdings einen 
sehr zu berücksichtigenden Zusammenhang eines politischen Verhältoisses auf- 
heben würden, wenn Sie die Beamten ausschließen wollten von der Gesetz- 
gebung. Den Liberalen hingegen, welche etwa für den Ausschluß der 
Beamten stimmen möchten, obgleich sie sich vorzugsweise heutigen Tages auf 
den Boden der Thatsachen stellen, weil das nicht nur staatemännisch, nicht 
nur bürgermeisterlich, sondern auch prosessorlich ist, — diesen Liberalen möchte 
ich bemerken, daß das Beamtenthum auch eine Thatsache ist, eine Thatsache, 
die noch in ihrer vollen Geltung steht, und neben ihrem Alter eben auch 
noch die Bedeutung der gegenwärtigen und der actuellen Wirksamkeit hat. 
Dr. Friedenthal (Neiße)?). Meine Herren! Der Artikel 21 constituirt 
eine Deutsche Volksvertretung in einem Hause, hervorgehend aus allge- 
meinen, directen, und zun ächst auch geheimen Wahlen, da das Wahl- 
gesetz, welches den nächsten Reichstag aus sich hervorgehen lassen 
wird, die geheime Stimmgebung vorschreibt. Ich verhehle nicht, 
daß der Inhalt dieses Artikels für mich einer der wichtigsten des 
ganzen Versassungsentwurfs ist, weil er ein Prineip in unseren 
Staatsorganismue hineinfüöhrt, welches derselbe bisher nicht 
gehabt hat, und ich verhehle serner nicht, daß ich bei der Beurtheilung 
dee ganzen Verfassungscutwurss von vorn herein an diesen Artikel 21 heran. 
gchen mußte, und mir klar machen, ob ich von meinen politischen Anschauun- 
gen aus in der Lage sei, in einen gesetzgebenden Factor dieser Art den 
Schwerpunkt staatlicher Thätigkeit hineinzulegen. Ich bitte Sie daher, mir 
zu gestatten, nur mit ganz kurzen Worten die Wechselwirkung, die zwischen 
diesem Varagraphen und den wesentlichen Principien des Entwurfs für meine 
Betrachtung sich herausgestellt hat, anzudeuten. Diese Wechselwirkung ist 
eine ganz unleugbare, denn wie die Wirksamkeit des gesetzgebenden Factors 
in dem Norddeutschen Bunde sich thatsächlich gestaltet, das hängt ja haupt- 
sächlich von der Natur dieses gesetzgebenden Faetors ab, und man mußte 
seine Competenz danach bemessen, wie man sich die spätere actuelle Hand- 
habung derselben dachte. Es war aber gerade dieser Inhalt des Artikels 21, 
der mich und manche meiner politischen Freunde dazu bewog, die Compctenz 
% St. Ber. S. 415.
	        
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