Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

180 Zoll- und Handelswesen. 
Hansestädte sich aussprechen und eine Agitation dagegen begon- 
nen haben. Ob dielenige Stadt, in der ich wohne, sich diesen Agi- 
tationen anschließen wird, ist mir zweiselhast. Nach einem mir heute zu- 
gekommenen Briefe muß ich das glauben. Um so mehr aber halte 
ich mich für verpflichtet, hier dagegen zu sprechen, selbst auf die 
Gesahr hin, daß ich mit einem Theile meiner Wähler in Widerspruch ge- 
rathe. Ich bin nämlich durchaus der Ueberzeugung, daß dieser Artikel das- 
jenige bestimmt, was nicht allein lm Interesse der Hanfestädte, sondern auch 
im Interesse Deutschlands nothwendig ist. Es wlrd mir nicht einfallen, 
meine Herren, bei einer Frage, die so oollständig in den öffentlichen Blättern 
behandelt, Über die uns sogar Broschüren mitgetheilt sind, mich auf allge- 
meine Gründe einzulassen. Solche allgemeine Gründe sind in zweiselhaften 
politischen und wirthschaftlichen Fragen, man kann wohl sagen, wohlfeiler 
wie Brombeeren, sie entscheiden in der That sehr wenig, denn es läßt sich 
nicht verkennen, daß in allen solchen Fragen fast eben so viele gute und trif- 
tige Gründe sich für als wider anführen lassen. Diese Fragen wollen 
lediglich auf dem Boden, aus dem sie erwachsen sind, beurtheilt werden, und 
demgemäß werde auch ich mich über dasjenige aussprechen, was der Artikel 
31 enthält. Ich halte mich dazu, melne Herren, gewissermaßen für berech- 
tigt, weil ich diese Frage practisch selbst durchgemacht habe. Als Hannover 
im Jahre 1854 in den Zolloerein eintrat, war die Stadt Harburg Frel- 
hafen und es handelte sich bei den Verhaudlungen über den Anschluß an den 
Zollverein darum, ob Harburg diese Eigenschaft behalten solle. Eine große 
Partel in der Stadt kämpste für die Freihasenqualilät; ich meines Theils, 
der ich damals der Stadt noch nicht so nahe stand wie jetzt, bin entschieden dagegen, 
und habe ich mehrsach vergeblich mich bemüht, den Freunden dieser Freihafen- 
qualität die Unrichtigkeit ihrer Ansichten begreiflich zu machen. Was ist nun 
der Ersolg davon gewesen, daß diese Frelhafenqualität nicht erhalten ist? 
Daß die Stadt Harburg, die zur Zeit des Eintritts in den Zolloerein eine 
allerdings von Seeschiffen besuchte Handelsstadt von etwa 6000 Serlen 
war, jetzt nach dem Verlauf von etwas Über 10 Jahren eine nicht unbe- 
deutende Fabrikstadt von etwa 14000 Seelen geworden ist. Das, 
meine Herren, würde eine Moment sein, für die Hansestädte eine ähnliche 
Folgerung zu ziehen. Aber wenn ich nach meinen Erwägungen zu dem ent- 
gegengesetzten Resultat komme, so glaube ich aus dieser Mittheilung solgern 
zu können, daß ich meine guten Gründe dafür habe. Ich weiß recht gut, 
daß eln großer Theil der Bewohner Hamburgs, die Handwerker, die 
Kleinhändler u. s. w., ein großes Interesse dabei haben, daß die Stadt 
in die Zolllinie eingeschlossen werde, aber, meine Herren, die Verhältnisse, 
wie sie sich hier entwickelt haben, liegen meines Erachtens so, daß wir zur 
Zeit jedensalls die Hansestädte zu Freihäsen machen müssen. Es ist dies, 
wie gesagt, ein wahrhast Deutsches Interesse, ich sage zur Zeit, denn wenn 
wir erst zu einer Zollreform gekommen sind, wie sie in England durchgeführt
	        
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