Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

194 Zoll, und Handelewesen. 
an, daß der Handel nicht bloß Erwerb ist für den Kaufmaun, nicht bloß 
Gewinu für die Agricultur und für die Industrie, sondern daß er auch An- 
sehen, Einfluß und Macht bedeutet, und daß nur diejenige Macht heutzutage 
in Wahrheit eine Großmacht ist, welche zugleich eine Weltmacht ist. Wenn 
uun der Norddeutsche Bund, der vermöge der Hansestädte die erste Handels- 
macht des Continents ist, diese Stellung ferner behaupten will, so darf er 
dem Handel nicht die Gesetze seiner Existenz vorschreiben wollen, vielmehr 
muß er den Handel unter den Bedingungen hinnehmen, unter denen er sich 
entwickelt hat. (Sehr gut!) Sie vermögen, meine Herren, durch Sperrung 
der Grenzen eine Industrie zu erschaffen, wenn Sie auch immer nur eine 
Treibhauspflanze sich erzichen werden. Was aber der Staat mit keinen 
Mitteln zu erschaffen im Stande ist, das ist der Handel! (Sehr gut.) Ich 
muß endlich der wiederholt geäußerten Meinung, als ob es zur Frage stände, 
ein Monopol oder eine Erbschaft des Particularismus in neue Verhältnisse 
mit hinüberzunehmen, entgegentreten. Meine Herren, wenn von Particula- 
rismus und partieularistischen Interessen hier häusiger die Rede ist, so muß 
ich Sie bitten, dabei recht vorsichtig zu sein und wohl zu unterscheiden. Ver- 
stehen Sie Unter Partieularismus jedes Widerstreben des Kleinen gegen den 
Großen, dann, meine Herren, haben sich die Hansestädte allerdings oft des 
Particularismus schuldig gemacht, denn sie waren recht oft in dem Falle, der 
unbilligen Auforderungen ihrer Nachbarn, die vielleicht in einem Uebermaße 
von Zuneigung ihren Grund hatten, (Heiterkeit) sich erwehren zu müssen- 
So aber kann man die Frage nicht fassen. Ich will mich zur Erläuterung 
eines Beispiels bedienen. Wenn die Zollverwaltung des Norddeutschen Bun- 
des den Einschluß der Hansestädte in die Zolllinie um deswillen begehren 
sollte, weil die amtliche Controle alsdann bequemer wahrzunehmen ist, oder 
weil möglicherweise einige Thaler mehr in die Zollkasse fließen würden, und 
wenn die Hanfestädte dieser Zumuthung widerstreben, so würden augenschein- 
lich nicht die Hanfestädte, sondern die Zollverwaltung den Vorwurf des 
Particularismus verdienen, weil sie es wäre, welche die allgemeinen und 
großen Juteresfen des Handels einem localen und untergeordnetem Interesse 
zum Opfer bringen würde. Und nun noch Eins, meine Herren, um der 
Anspielung auf vermeintliche particularistische Bestrebungen der Hansestädte, 
die auch im Laufr einer früheren Debatte gefallen sind, ein für allemal zu 
begegnen. Der Particularismus, meine Herren, klebt an der Scholle, auf 
der er erwächst. In einer Bevölkerung, die ihrer Natur nach fehr beweglich 
ist, deren einflubreichste Elemente ihre Schule im Auslande und großentheils 
in fernen Welttheilen durchzumachen haben und dort an die Erreichung ihrer 
Zwecke ihre besten Lebensjohre setzen, in einer Bevölkerung, die nahe dem 
Meere wohnt, die im täglichen Wechselverkehr mit der ganzen Welt sich be- 
findet, die von allen politischen Ereignissen am nächsten und unmittelbarsten 
berUhrt wird, in einer solchen Bevölkerung ist nicht der Boden für den 
Porticularismus, von dem Sie reden. Engherzig wird man in den Hanfe-
	        
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