Artilel 4. Meier. 195
stcdten nicht; oiel nöher läge die Gefahr, zu weitherzig zu werden. Aber,
meine Herren, hiergegen sind wir durch einen Umstand wesentlich geschützt.
## längere Zeit im Auslande gelebt hat, wird es an sich selbst und Anderen
afahren haben — ich wenigsteus dars es von mir sagen — daß sein National-
gesühl nicht geschwächt, sondern durch die Gegensätze lebhaft angeregt und
selbst bie zu hoher Empfindlichkeit gesteigert wird. (Sehr gut!) Ich glaube
airgends lebhafter als im Auslande wird der Deutsche das demülthigende
Gesühl empfunden haben, daß, so freundlich man ihm auch dort begeguen
mochte, doch seine Stellung mehr auf elner wohlwollenden Duldung, ale auf
derenigen Achtung beruht, die eine große Nation für sich in Anspruch neh-
men darf und in Anspruch nehmen muß. Meine Herren! Gerade an den
Deutschen im Auslande haben wlr erfahren, daß sie in der richtigen Beur-
chälung der großen Freignisse des letzten Jahres und in der Begeisterung
für die Grundlegung der Deutschen Einheit ihren heimischen Brüdern ein
nachahmungswerthes Vorbild gewesen sind. Diese Bemerkung wird genügen,
um Ihnen die Ueberzeugung zu gewähren, daß Sie von Seiten der Hanse-
städte für alle großen nationalen Ziele das bereitwilligste Entgegenkommen
finden werden, und nu den Wuusch habe ich noch auszusprechen, daß auch
Sie, meine Herren, den durch die Hansestädte vertretenen Juteressen des
großen Handels, denen Sie aus lelcht erklärlichen Gründen bisher sern ge-
standen haben, mit lebhafter Theiluahme sich zuwenden mögen. Iu diesem
Geiste gegenseitiger Unterstützung und Anerkennung lassen Sie uns auch ser-
ner zusammenwirken und der großen politischen und commerciellen Zukunft
Deutschlands, der wir entgegengehen, uns würrdig erweisen. (Bravol)
Meier (Bremen).") Meine Herren! Ich werde Sie nur sehr kurze
Zeit aufhalten, denn der Artikel selbst, davon bin ich sest Überzeugt, wird die
geoße Majorität haben, trotz aller Amendements. Ich will Ihnen nar klar
und einfach sagen, daß ich reiu von meinem Standpunkte aus ganz
entschieden für diesen Artikel bin, weil ich es im dringenden Interesse
der Hansestädte halte, daß sie ihre Freihafenstellung behalten; aber ich er-
achte es ebenso sehr im Interesse Deutschlands, und habe gleichsalls die feste
Ueberzrugung, daß, wenn es nicht mehr im Interesse Deutschlands ist, wenn
es gegen das Interesse Deutschlands ist, wir mögen thun und lassen was
wir wollen, die Freihafenstellung der Hansestädte aufhören wird. Das ist
die so bestimmte Consequenz wie irgend etwas sein kann. (Sehr rlchtig!)
Nun würde ich mich damit begnügen können, aber es find hier so verschiedene
Darstellungen und Ausstellungen gemacht, daß ich nur einige sactische Be-
richügungen hinzufügen will. Das Mitglied für Berlin hat uns eine sehr
lange ausführliche Belehrung zu Theil werden lassen. Ich könnte, wenn ich
ihm in dle Details folgen wollte, sie ihm alle widerlegen; ich will nur ein
) Si. Ber. S. 4½.