Artikel 41—47. Michgelis. 207
austauschten und zu gemeinsamen Beschlüssen gelangten. In dem Augenblicke,
wo Sie dem Bunde das Recht beilegen, gleiche Betriebsreglements einzu-
führen und aufrecht zu erhalten resp., was dasselbe ist, ausmerlegen, mit
demselben Augenblicke hört dieser Verkehr unter Gleichen auf; es hört der
loyale Austausch der Meinungen, die loyale Berücksichtigung der gegenseitigen
Interessen in diesen Verhandlungen auf, und sie können sich nicht mehr so
fruchtbar erweisen, als bisher. Das ist die eine Seite; die andere scheint
mir noch ernster zu sein. Das ist die Fortentwickelung der Vetriebs-
reglemen ts. Die Resormen machen sich nicht bei allen Eisenbahnen auf
einmal und können sich nicht auf einmal machen. Man muß, um Resor-
men zu ermöglichen, der einzelnen Eiseubahn die Möglichkeit geben, Experi-
mente zu machen, damit, wenn sich diese Experimente bewähren, die Resor-
men dann erweitert werden und bei allen Betriebsreglements gleiche Anwen-
dung finden können. Legen Sie den Eisenbahnen die nnbedingte Pflicht glei-
cher Reglements auf, so werden die Resormen nur durchgeführt, nachdem die
hohe bureaukratische Begutachtung sie gut gefuunden hat, und wie Sie wissen,
ist diese Begutachtung nicht immer so weise wie die practische Erfahrung.
Es liegt auch im Interesse der Bundesstaaten, daß sie auf ihren eigenen
Staatseisenbahnen, die bekanntlich nach der Auffassung verschiedener Bundes-
regierungen im Wesentlichen Experimentalstationeu sind, Versuche mit Re-
formen der Betriebsreglements machen. Sie würden das nicht können, wenn
ihnen die Pflicht auferlegt würde, gleiche Betriebsreglements zu haben, so-
wohl mit den Ubrigen Staats= als mit den Privatbahnen. Dann giebt der
Artikel 44 dem Bunde das Recht, die Eisenbahuen zu zwingen, die nöthigen
Personen- und Güterzlige einzulegen. Wir haben es für zweckmäßig gehal-
ten, dieses Wort „nölhig“ näher zu interpretiren und zwar dahin, daß wir
bei dem Personenverkehr entsprechend der Fassung der betreffenden Ziffer in
Artikel 4 den wirklichen Zweck dieses auferlegten Zwanges mit ausgeuommen
haben, nämlich: „die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung in
einander greifender Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprecheuder Fahr-
geschwindigkeit u. s. w. einzuführen.“ Wenn das Wort nölhig“ so allge-
mein dasteht, so ist der Willkür keine Schranke gesetzt. Und vor Nieutan-
dem hat das Capital mehr Besorgniß, als vor der Willkür, die einen Zwang
auferlegt. Es sind in dieser Beziehung in den fünfziger Jahren gerade in
Preußen manche bitteren Ersahrungen gemacht und ich glaube, daß es haupt.
söchlich im Interesse der Fortentwickelung unseres Eisenbahnwesens ist, wenn
wir ihm die Besorgniß vor ähulichen bitteren Erfahrungen dadurch nehmen,
daß wir der Anordnuug des Bundes in dieser Beziehung vou vornherein
den bestimmtesten Zweck und in ihm die bestimuteste Begrenzung stellen.
In Betreff der Auordnung von Güterzügen haben wir hinzugefügt: die
un Bewältigung des nöthigen Göterverkehrs“, zu demselben Zwecke. Ich
glaube kaum, daß der Bund sich beklagen kann, daß seine Vollmacht hier-
durch irgend wie beeinträchtigt sti. Ich glaube aber, daß durch eine solche