Artilel W. 21. Friedenthal. 13
politischen Frage zu lösen. Je kürzer die Legislaturperiode ist,
desto mehr wird sich die Agitation auf die einzelnen Fragen len-
ken, — gewiß ein politischer Uebelstand. Ich will das nur andeuten,
weil nach meiner Meinung das Correetiv für die Gesahr der allge-
meinen Wahlen außerhalb dieses Entwurfs zu finden ist und ich
bitte um die Erlaubniß, mich anf diesen Gegenstand mit meiner Erörterung
ausdehnen zu dürsen. Ich bitte serner um die Erlanbniß, den Punkt noch
betonen zu dürsen, aus den ich hinsteuern will und welcher sich wesentlich
innerhalb der Preußischen Legislatur bewegt, und zwar innerhalb
der Legislatur für die alten Preußischen Provinzen; ich bitte um diese Er-
laubniß, weil denn doch auch hier im Norddeutschen Bunde diese alten Preußi-
schen Provinzen 15 Millionen, also die ganze Hälste der Gesammtbevölke=
rung repräsentiren. Ich finde nämlich, meine Herren, das wesentliche
Correetiv für die allgemeinen Wahlen in der Constituirung einer
gesunden Kreisversassung für dle alten Preußischen Provinzen.
Nur darin sehe ich die Mögllchkeit, das allgemeine Wahlrecht auf eine sichere
Basis zu bringen. Der Schwerpunkt der Wahlen in unseren alten
Preußischen Provinzen liegt in dem Bauernstande und wenn wir Über-
haupt die Hoffnung haben, das conservative Gewicht bei diesen Wahlen in
die Wagschale zu legen, so müssen wir dahin wirken, diesem Bauernstande,
der gewissermaßen das Schwergewicht des Preußischen Staates ausmacht, die
Erkenntniß beizubringen, das heißt die Stellung im Staatsleben zu geben,
daß er die conservative Natur seiner Interessen und die Solidarität der
conservatien Interessen zu beurtheilen vermag. Dies werden wir aber nur
dadurch im Staude sein, daß wir unsere Kreisverfassung an die bestehenden
Gestaltungen anschließend so reformiren, daß dem Bauernstande die
berechtigte Wirlsamkeit innerhalb dieser Kreisversassung wird,
die nothwendig ist um ihn zum Freunde und zur festesten Stütze der con-
servativen staatlichen Prineipien zu machen. Meine Herren, Diejenigen unter
Ihnen, welche ländliche Verhältnisse kennen, werden mir darin beipflichten,
daß grade der Bauer es ist, welcher knstinetiv eonservative Empfin-
dungen hat und am allermeisten dazn geneigt ist, durch festes Hängen am
Besitz, dem ererbten Besitz, an denjenigen Gestaltungen, die hiermit zusammen-
hängen, sich der eonservativen Sache anzuschließen. Ich bitte wiederholt mich
nicht mißzuverstehen. Ich spreche nicht von „conservativ“" in
demjenigen Sinne, wie sich bei gewissen Fragen eine conservative und
liberale Partei gegenüber stehen, sondern von „eonser vativ", wo es sich
darum handelt, die socialen Grundlagen des Staats zu erhal-
ten, und daß viese durch das allgemeine Wahlrecht unter gewissen Umstän-
den in Frage gestellt werden können, das, meine Herren, ist ganz zweisellos
und ist auch von verschiedenen Seiten des Hauses schon vielfach betont wor-
den. Wenn ich also von der Ansicht ausgehe, daß bei den Wahlen der
Schwerpunkt in dem Bauernstande der alten Preußischen Provinzen liege,