Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

232 Marine und Schifffahrt. Consulatwesen. 
im Fall eines Krietes reizt, sie ohne viele Mühe und Aufwand wegzuneh- 
men. Nach meiner Ueberzeugung ist eine nachhaltige, tüchtige Ma- 
rine ein unbedingtes Erforder niß der Grohmachtstellung eines 
jeden Staats, (Sehr richtig! rechts.) sie ist in dieser Beziehung nach 
meiner Ueberzeugung noch wichtiger als zum Schutz des Handels 
und der Schifffahrt. (Sehr wahr! rechts.) Einen unbedingten Schutz 
für Handel und Schifffahrt in einem Kriege, worin Deutschland begriffen 
ist, giebt die Kriegsmarine nie, das thut nur eine Aenderung des Serrechts 
in Kriegszeiten, auf die Unverletzlichkeit des Privateigenthuns zur See ge- 
richtet. Selbst das seemächtige England wird nie in einem Seekrieg unbe- 
dingten Schutz für seine Handeleschiffe fiuden. Ein halbes Duzzend der 
schnellsegelndsten Deutschen Corvetten würde die Handelsmarine Englands 
vom Meere nahezu verschwinden machen. Aber um dieses Ziel zu erreichen, 
um dieses Ziel der Aenderung des Seerechts in Krichszelten zu erreichen, 
wird die Errichtung einer mächtigen, tüchtigen Deutschen Flotte sehr wirk- 
sam sein und helfen. Erlauben Sie mir hierfür Einen Beweis anguführen. 
Im Jahre 1859 wurde von Bremen aus in Hinblick auf den damals in 
Aussicht siehenden Pariser Congreß eine Agitation angeregt zur Aenderung 
des Seerechts in Kriegszeiten. Wir haben diese Agitation noch nicht aufge- 
gegeben, wir haben noch in allerneuester Zeit eine Zusammenstellung aller 
Documeute veranlaßt, um dieses hochwichtige Princip klar zu machen. Bei 
Uebersendung dieser Schrift an die Englische Handelskammer antwortete mir 
der Präsident des Englischen Handelstages, er gebe zu, daß meine Gründe 
für die große Bedeutung der Annahme des Princips auch für England richtig 
seien, wir seien aber in Deutschland in einer ganz andern Lage, weil wir 
keine Marine hätten. Von diesem Standpunkt aus also beurtheilt man unsere 
Bemühungen für diesen Grundsatz, der zuerst durch Preußen, durch seinen 
großen König, den großen Friedrich im Jahre 1785, und Franklin vertrags- 
mäßig adoptirt war. Glaubt man, andere Motive seien dafür maßgebend bei 
uns? Schaffen wir die Marine, so wird man auch schon anders darüber 
denken. Wenn ich mich nun entschieden dafür ausspreche, daß wir eine 
Marine schaffen, die wirklich etwas Tüchtiges leistet, so muß ich zunächst die 
Vorbedingungen In's Auge fassen. Die Deutsche Handelsmarine, meine 
Herren, ist die dritte der Welt. Wir haben ungefähr in runder Summe 
50,000 Matrosen. Unfre Matrosen stehen denen keiner andern Nation nach 
und ganz wenige Nationen kommen ihnen glelich. Wenn wir nun die Be- 
stimmungen dieser Verfassung, die Preußischen Gesetze betrachten, so glaube 
ich, daß, statt der Handelsmarine zu schaden, im Gegentheil der Handels- 
marine durch den Zudrang zum Seedienst neu vermehrte Kräfte zugeführt 
werden. Ich setze dabei nat#rlich voraus, daß von Seiten der Kriegsmarine 
immer mit einiger Rücksicht verfahren wird, daß man bei einer Krlegs- 
marine nlcht glaubt, daß die Handelsmarine für die Kriegsmarine da sei, son- 
dern eher umgekehrt. Aber wenn ich dann Weiteres betrachte, daß wir, wie
	        
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