Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

18 Reichstag. 
schließt, so behaupte ich — und ich glaube init gutem Rechte — man 
schließt gewissermaßen die Wissenschaft, die Träger der Gssen- 
schaft von dem Eintritte in das Parlament aus. — Man schlieht 
die Studirten aus; — ja, man wird mir erwidern, es gebe sehr vlele Stu- 
dirte, die ihr Lebtag kein Staatsamt gehabt hätten. Ja, meine Herren, es 
begeben sich viele Leute aus den höchsten und reichsten Famllien auf die 
Unioersität, aber nicht um dem Studlum der Wissenschaften obzuliegen; 
(Heiterkeit!) man kann wohl behaupten, daß von hundert allemal neunund- 
neunzig sich eher auf alles Andere, als auf die Wissenschaften legen werden; 
es kommt ihnen nur darauf an — ich möchte sagen — zuhere Tournüre 
zu gewiunen und derglelchen. Meine Herren, ich sage, wenn Sie die Be- 
amten ausschließen, dann schliehen Sie die Wissenschaft aus, — und 
das thun Sie in unserem Lande, in Deutschland, in dlesem Lande 
der Wissenschaft, das von jeher auf seine Universitäten und Schulen so stolz 
war, in diesem Lande, In dem grade Gelehrte und Schriftsteller am Ende 
des vorigen Jahrhunderts die Nation sich wieder geistig als eine elnige erkennen 
ließen, während unsere nationale Einheit noch lange nicht geschaffen war; 
das thun Sie in dlesem Deutschland, dem zur Zeit der tiefsten Erniedrigung 
alle fremden Nationen wenigstens den Ruf der Gelehrsamkeit und der Wissen- 
schaft gelassen haben, in diesem Deutschland, wo jetzt in den letzten Decennien 
die Wiffenschast von ihrer steilen und sterilen Höhe heruntergestiegen ist und 
sich in den Dienst des Volkes begeben hat und dadurch die Welt überwluden 
und Deutschland zur ersten Nation der Welt machen wird: — bei dieser 
Nation wollen Sie die Wissenschaft ausschließen!? Ja, meine Herren, wenn 
es der höchste, wenn es der edelste Beruf des Mannes ist, sich dem Gemein- 
wohl zu widmen und an den Fragen des Vaterlandes Theil zu nehmen, wenn 
es das Ziel des berechtigtsten Ehrgeizes eines Manues sein muß, im höchsten 
Rathe seiner Nation zu sitzen, und sich an ihrer politischen Entwicklung zu 
betheiligen: — ja, meine Herren, wenn ein Vater seinen Sohn künftig 
diesem Beruse widmen will, dann wird er ihn nicht auf Schulen und Uni- 
versitäten schicken und zum Prlester der Wissenschaft und zum Dieuste des 
Staates bestimmen müssen; nein, meine Herren, dann wird er ihn irgend 
ein Gewerbe oder gar ein Handwerk erlernen lassen müssen, damit ihm dle 
Pforten des Parlaments offen stehen, sonst werden sie ihm auf ewig ver- 
schlossen bleiben. Wenn Sie diesen Paragraphen annehmen und die Beam- 
ten in Deutschland ausschließen, wenn Sie die Besilmmungen annehmen, die 
in diesem Angenblicke zwar nicht zur Discussion stehen, die aber bald solgen 
werden, und woelche darln bestehen, daß nlcht blos keine Diäten, sondern auch 
keine Entschädigungen gewährt werden dürfen — welches letztere mir eine 
Antwort auf die Begründung des Nationalfonds zu sein scheint, — so daß 
nur reiche Leute in das Parlament hinein kommen können: ja, meine Her- 
ren, dann werden Sie ein Parlament schaffen, von dem lch glaube, daß die 
Nation, das Mindeste gesagt, sich mit Gleichgaltigkceit von ihm abwenden
	        
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