Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

272 Gumdeskriegs wesen. 
haftigkeit des Deutschen Bundes zu tragen haben; ich bin auch damit ein- 
verstanden, daß der Versassungsentwurf zusichert, daß jeder einzelne Ang#- 
hörige in den Norddeutschen Staaten gleiche Lasten zu Übernehmen hat, allein 
was diese Frage betrifft, so sind denn doch in mir einige nicht unwesentliche 
Bedenken aufgestiegen. Der Verfassungsentwurf sagt, es soll in dem gan- 
zen Bereich des Norddeutschen Bundes die Preußische Militale- 
gesezgebung eingeführt werden und zur Geltung kommen, es ist nirgend 
zu finden, daß in dieser Beziehung Ausnahmen in solchen Ländern gemacht 
werden können, welche durch die ucuen Verhältnisse dem Norddeutschen Bunde 
angehbren. Gleichwohl aber ist mir bekannt, daß die Entschädigun= 
gen, welche zur Zeit in den Preußischen Staaten bei Gelegenheit von 
Friedens= Einquartirungen an Naturallleferung und Natural= 
leistung gewährt werden, keineswegs so vollständig sind, daß diejsenl- 
gen, denen man hier Zumuthungen macht, auch vollständig ent sch ädigt 
wärden. In anderen Ländern ist das andere, namentlich war das 
auch seither in Sachsen anders, und man wird es bitter empfinden, wenn 
durch die neue Gesetzgebung in der Beziehung nicht dem Bedlrfniß und den 
Wöünschen der Bevölkerung Rechnung getragen wird. Vielleicht gelingt es 
aber noch, durch Verbesserungsanträge, welchen, wie ich im Voraus erkläre, 
ich meine Zustimmung geben werde, in diesen Entwurf auch nach der Rich- 
tung hin Verbesserungen hineinzubringen, so daß man nach allen Seiten hin 
in dieser Beziehung beruhigt wird und williger die Last übernimmt, welche 
eben die neue Militairgesetzgebung dem Norddeutschen Bunde im Allgemeinen 
auserlegt. Nicht einverstanden aber, meine Herren, bin ich mit der durch 
die neue Kriegsverfassung eingeführten dreijährigen Präsenzzeit. Ich 
gebe sehr gern zu, daß es seine Schwierigkeiten haben wird, dagegen auszu- 
kommen; allein auch im Preußischen Abgeordnetenhause ist ja seit längeren 
Jahren schon diese Frage ventilirt und bekämpft worden, und ich gebe des- 
halb die Hoffnung nicht aus, daß es doch wohl schließlich gelingen wird, von 
dieser allerdings im höchsten Grade drückenden Last eine Erleichterung her- 
beizuführen. Meine Herren, man sagt, die dreijährige Dienstzeit wäre noth- 
wendig, und da ich nicht Fachmann bin, so kann ich dem nicht mit Gegen- 
beweisen entgegentreten; allein so viel steht doch fest und ist durch die Ge- 
schichte nachgewiesen, daß auch Armeen, in denen eine dreijährige Präseng 
nicht existirte, ebenso ihre Schuldigkeit gethan und tapfer gekämpft haben. 
Ich erinnere an den letzten Krieg. Die Geguer der Preußischen Armer 
waren zum Theil auch Sächsische Truppen. In Sachsen war zur Zelt nur 
eine achtzehnmonakliche Präsenzzeit und dennoch ist von allen Seiten aner- 
kannt worden, Frcund und Feind hat dem zugestimmt, daß die Sächsischen 
Truppen sich brav und tapser geschlagen haben, so daß man ihnen nichts 
vorzuwersen hat. Nun, weun das der Fall ist, dann sollte ich allerdings 
meinen, sorderte man ein allzugroßes Opser nicht bloß in finanzieller, sou- 
dern auch in volkewirthschaftlicher Bezlehung, wenn man die dreijährige
	        
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