Artikel 57—68. Moltke. 285
den, um die Batalllone — denn der Ansfall fällt lediglich auf die In-
fanterie; eine Herabsetzung des Etats der Specialwaffen kann nicht be-
absichtigt sein — auf 500 Mann bringen zu können. Ich will nun
nicht behaupten, daß solche Bataillone nicht mehr lebensfähig
wären, wenn, wle bei der dreijährigen Dienstzeit, höchstens ein Drittel
Rekruten wären; bei der zweijährigen aber ist die eine Hälfte eines solchen
Bataillons in der elementaren Ausbildung begriffen. Ziehen Sie nun
etwa 60 Unterofficiere ab, zlehen Sie ab, was Alles auf dieser elnen Hälfte
von Leuten lastet; die Commandos zur Bewachung von Strafanstalten, —
die Commandos zur Bewachung von Transporten, — den täglichen Wacht-
dienst, namentlich in Festungen, wie sehr er auch beschränkt ist, — die Mu-
nitiondarbeit, die z. B. in Magdeburg täglich mehrere tausend Mann zu
Zeiten erfordert hat, — zlehen Sie ab die Handwerker, die Kranken, dle
Arretirten u. s. w.: so bleibt Ihnen so wenig übrig, daß ein fol-
che#s Bataillon seine taktiscke Ausbildung für den Krieg, also
den eigentlichen Zweck seiner Bestimmung, nicht mehr erfüllen
kann. (Hön! hört! im Centrum.) Es ist ebenfalls richtig, daß die
zweijährige Dienstzeit ein größeres Material von Menschen für
die Augmentation im Kriegsfall liefert. Aber, meine Herren, an
Leuten fehlt es uns nicht; unser Herr Kriegeminister hat, nachdem
sämmtliche 9 Armeecorps mobll in's Feld gestellt waren, nech zwei
andere improvisirt (Hörtl hört! im Centrum) und hätte noch mehr
geschaffen, wenn es nöthig gewesen wäre. Wir waren nach der
Schlacht von Königgrät stärker als vorher, und als der Friede
geschlossen wurde, standen wir mit 664,000 Mann unter Waffen.
(Lebhafte Rufe rechts und im Centrum: Hört! hört!) Solche Formationen
fiaden ihre Grenze weit früher in elner anderen Richtung. Bedenken
Sie, was es finanziell heiht, eine Armee von 700,000 oder, wie gefor-
dert, 900,000 Mann unter Waffen zu erhalten! Es endet ferner die Mög-
lichkeit solcher Formationen in der begrenzten Zahl von Officieren.
Welches Element für die Kriegsführung die Officiere sind, darüber will ich
Ihnen nur eine statistische Ziffer nennen. Wir haben auf 50 Mann einen
Offteier, wir haben verloren auf 20 Mann einen Officler. (Hört! hörtl)
Stellen Sie eine Formation auf ohne eine genügende Zahl wirklich dienst-
erfahrener Officiere, so haben Sie einen Haufen braver Leute, aber
keine Truppel (Bravol) Wir haben im vorigen Jahre nahezu
50,000 Gefangene gemacht und haben 3000 Vermißte gehabt,
wovon vielleicht der kleinste Theil nur gefangen war, es läßt sich das nicht
so nachweisen. Woher dieser enorme Unterschied? Ich kann ihn nur
der Dienstdauer zuschrelben. Finanzielle Bedröngniß hatte Oester-
reich ein System aufgensthigt, nach welchem der Infanterist durch-
schnittlich nur 1; bis 11 Jahre im Dienste war. Diese Leute haben
sich sehr bradv geschlagen, und ich inuß dabei bemerken, daß die Officiere